GØRL; Foto: Adrian Batty

Ein Gespräch mit Sängerin, Gitarristin und Songwriterin Mikala Nørgaard aka GØRL die beim Debüt-Album "Gold" einen wilden Haufen theatralischer Tracks und psychedelischer Melodien hervorbringt.

Das Projekt GØRL steht aber auch für das Spiel mit Klischees verschiedenster Genres. Die Stimme von Mikala Nørgaard wird immer wieder als die eines Mannes verkannt, was kein Wunder ist: Ihre Vorbilder sind zu einem großen Teil männlich. Dazu kommt noch ein Schuss Wikinger-Humor, der offenbar im Blut der gebürtigen Dänin liegen dürfte. Das ist auch im witzigen Video zur ersten Single "Acid Island" ersichtlich, das im trendigen Retro-Style daherkommt und Mikala Nørgaard als kesse Flugbegleiterin präsentiert. Live wurde "Gold" am 2.10. im Grillx präsentiert. Dort stand GØRL für ein Interview zur Verfügung.

Kulturwoche.at: Mikala, wie entstand das Video zu "Acid Island"?

GØRL: Ich wollte immer schon eine böse Stewardess spielen (schmunzelt)! Ursprünglich haben wir ein deutlich aufwändigeres Video geplant, es ist sich aber leider zeitlich und finanziell nicht ausgegangen. Nachdem eigentlich schon alles für den Dreh mit richtigem Flugzeug und elaboriertem Script vorbereitet war, mussten wir die Reißleine ziehen. Binnen weniger Minuten stand das Konzept für das eigentliche Video; nach vier Stunden Drehzeit und der genialen Arbeit von Harald Salaun war das Ding in zwei Tagen fertig. Es ist zwar cheap, aber wir lieben es.

Was waren die wichtigsten Einflüsse für dein Debüt-Album "Gold"?

Gold Albumcover von GØRLGØRL: Das Album besteht aus Songs, die ich in den vergangenen Jahren geschrieben habe und zu denen meine Schwester Fransiska die meisten Texte geschrieben hat. Dementsprechend habe ich viele Einflüsse meiner Kindheit und Jugend verarbeitet. Ich bin großer Elvis Presley und Doors-Fan, ich liebe aber auch die 1970er, 1980er und 1990er. Ich bin außerdem als Baby in einer Hippiekommune aufgewachsen - da kommt vermutlich mein Faible für Hippies her, auch wenn mir völlig bewusst ist, dass da alles andere als Friede, Freude, Eierkuchen geherrscht haben. Und dark und dramatisch liebe ich es auch. Letztendlich geht es bei GØRL aber nicht darum, musikalische Stile nachzuspielen, sondern um die jeweiligen gesellschaftlichen Momente: Friedensbewegung, Underground, sexuelle Befreiung, Punk-Rebellion - ich will mit meinen Songs an Momenten anknüpfen und quasi die Geschichte umschreiben. Eine Art Paralleluniversum sozusagen.

Ist es wahr, dass du dir als 12-jähriges Mädchen einmal Socken in die Hose gestopft hast, um dich als männliche Sängerin in eine Rockband einzuschleusen?

GØRL: Ja, das ist mehr oder weniger richtig. Das war die Zeit, als das schwarze Album von Metallica erschienen ist, also ungefähr 1991. Zeitgleich war ich auch großer Fan der dänischen Rockband D-A-D. Was alle klassischen Rockbands gemeinsam hatten, war dieses eher männliche Macho-Ding. Und da habe ich nicht eingesehen, dass das nur Männer können, also hab ich das auch gemacht: Socken in die Hose und Macho-Schmäh. Abgesehen davon haben seit den 1970er-Jahren eh fast alle Rocksänger Socken in der Hose gehabt; Axl Rose zum Beispiel. Also wirklich eingeschleust hab ich mich nicht, bin aber mit der Schulband so aufgetreten. Für mich war das total normal, aber die Jungs haben das eher nicht gepackt. Die wollten eher die süßen Mädels.

Warum heißt deine Band GØRL?

GØRL: Das ist ein bisserl ironisch einerseits, andererseits ist es eben ein untypischer Name für eine Rockband, wo sonst immer alle hart sein wollen. Es kontrastiert außerdem gut mit meiner tiefen Stimme, die auch nicht wirklich mädchenhaft ist.

Auf einem Track deines Albums ist auch der Wiener Musiker Sir Tralala zu hören. Wie kam es zu dieser Kooperation?

GØRL: Ich kenne den Sir schon etwas länger und bin ein großer Fan von ihm. Wer ihn noch nicht live gesehen hat: unbedingt anschauen! Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mein Seefahrer-Song perfekt zu ihm passen würde. Beim Aufnehmen im Studio stellte sich dann heraus, dass er am Fuß tatsächlich einen Skull-Matrosen tätowiert hat - ich lag also komplett richtig mit meiner Vermutung. Es ist ein großartiger Song geworden.

Ich habe gelesen, du hast ein Faible für das Meer und für Schiffe. Bitte erzähle mehr darüber?

GØRL: Ich bin bis zu meinem 20. Lebensjahr in Helsingør am Meer aufgewachsen. Ich liebe den Geruch. Als Kind war ich immer am Strand und habe die alten Fischerboote und ihre Besatzungen beobachtet. Ich liebe das stürmische, raue und dramatische Meer Dänemarks. Außerdem fließen in mir einige Prozent Wikingerblut. Die waren herrlich bescheuert und haben nebenbei dauernd Party gemacht - damit kann ich mich gut identifizieren.

Gehst du eigentlich gerne ins Kino?

GØRL: Ich gehe eigentlich so gut wie nie ins Kino, aber ich schaue sehr gerne Serien. Vor allem gute dänische Serien. Da gibt es einige! Ansonsten mag ich natürlich Quentin Tarantino, Susanne Bier - allein schon wegen ihrem Namen! - und Thomas Vinterberg und einige andere wie Terry Gilliam, Aki Kaurismäki, Alejandro González Iñárritu und Sofia Coppola.

Du lebst derzeit in Wien - was sind deine Lieblingsorte?

GØRL: Ich lebe tatsächlich seit geraumer Zeit in Österreich; zuerst in Graz und dann in Wien. In Graz war das Parkhaus wichtig für mich; ich habe dort als Security gearbeitet und mich in Bier auszahlen lassen. In Wien kann man das Frame durchaus als mein Stammlokal bezeichnen, sowie einige Lokale im 4. Bezirk, in denen ich Lokalverbot habe. Außerdem liebe ich den Donaukanal; ich wohne quasi direkt am Kanal.

Wie lauten deine Zukunftspläne?

GØRL: Wir wollen jetzt mal viel live spielen - ich habe eine großartige Band, mit der die Chemie perfekt passt; jeder von uns kapiert die Vision und hat Freude am Spielen. Das macht mich sehr, sehr glücklich! Abgesehen davon werden wir gleich beginnen, das nächste Album aufzunehmen. Es gibt schon einige Songs und viele Ideen. Und außerdem wollen wir im nächsten Sommer gern auf Festivals und im Ausland spielen; ich glaube, das würde sehr gut zu uns passen: Da wir mit „Acid Island“ erstaunlich viel Airplay in Europa hatten, wollen wir diese Länder auch sehr gern live besuchen.

Welche drei Alben würdest du gerne auf eine einsame Insel mitnehmen?

GØRL: "68 Comeback-Special" von Elvis Presley, "Strange Days" von The Doors und "No Fuel Left For The Pilgrims" von D-A-D. //

Interview: Robert Fischer
Foto: Adrian Batty

Album-Tipp:
GØRL: Gold
Puppengold Records (2019)