Martin Puntigam; Foto: Manfred Horak

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Glückskatze - die Bühnenkritik

Entrée! Die Welt liegt im Argen. Inmitten von Krisen muss Martin Puntigam sein 30-jähriges Bühnenjubiläum begehen. Mit "ein, zwei, sollen es vier oder mehr "White Russian-Cocktails inklusive Trockeneis gewesen sein, feierte der Eyecatcher der Science Busters bereits im November 2019 die Premiere seines Solo-Programms "Glückskatze". Vorausschauend bereitete er sein Publikum auf eine mittlere Katastrophe vor. Seine Prognosen sind zum Leidwesen des Kabarettisten eingetreten. Martin Puntigam musste heuer Corona-bedingt neu kalkulieren, sein Soloprojekt adaptieren. Die Pandemie hat die Menschheit mittlerweile fest im Griff. Die Klimakrise, die im Verborgenen brodelnde thermische Wärme und der inszenierte Rechtspopulismus zur Erreichung der Klimaziele tun ihr Übriges. Das Ende der Menschheit steht kurz bevor, wie der Science Buster "aus sicherer Quelle" weiß. Zu diesem besonderen Anlass hat Martin Puntigam sich herausgeputzt. Sein knallenges pinkfarbenes Trikot - sein Markenzeichen als MC der Science-Busters - hat er gegen einen knallpinken Anzug mit lila Krawatte und Einstecktuch eingetauscht. Die Kunstnippel sind zuhause geblieben, denn es wird ernst. Die resistenten Oktopoden am Meeresgrund warten nur noch darauf, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Es geht um die Rettung der Menschheit.

Die Evolution, oder: Martin Puntigams Schaffen in Bühnenform

Martin Puntigam im Niedermair; Foto: Manfred Horak"Glückskatze", das Jubiläumsstück von Martin Puntigam, ist kein Sammelsurium an Best-of-Witzen der letzten drei Jahrzehnte. Von bloßen Wiederholungen hält Puntigam nicht viel. Repetitio est mater studiorum gilt nur für seine Textarbeit. Denn seine Auftritte, die ihm so locker von der Hand zu gehen scheinen, erfordern höchste Konzentration. Das Stück "Glückskatze" ließe sich viel eher mit dem lateinischen Begriff evolutio - im Sinne einer kontinuierlichen Weiterentwicklung seiner Bühnenfiguren über einen Spielabend - beschreiben. "Glückskatze" beginnt - wie Martin Puntigams erster Bühnenauftritt im Jahr 1989 - als Nummernkabarett. Es dauert ein wenig, bis Martin Puntigam zur Höchstform aufläuft. Aber die schleichende Einführung in das ausgeklügelte Theaterkabarett, das es eigentlich ist, wird zum Clou der Vorstellung. Vom Nummernkabarett katapultiert Martin Puntigam die Theatergäste mitten hinein in einen Abend voll von verstrickten Verschwörungstheorien, die Donald Trump wie einen Amateur dastehen lassen.

Dr. Jekyll und Mr. Hyde à la Martin Puntigam

"Glückskatze" ist die Zusammenführung von zwei Welten: die der familienfreundlichen Wissenswelt der Science Busters mit der Welt des nicht ganz jugendfreien Theaterkabaretts von Martin Puntigam. Und diese Vermählung kommt zur richtigen Zeit. Zum einen kann die Krise nur mithilfe der Wissenschaft überwunden werden. Zum anderen ist Lachen eine effektive Technik, mit der aktuellen Notlage zurechtzukommen. Nur leider - und das ist der geniale Witz an der Sache - sind die wissenschaftlichen Ausführungen des Science Busters ein wenig verfälscht. Nach und nach kommt die Quintessenz von Martin Puntigams Alter Egos aus früheren Soloprogrammen zum Vorschein. Und denen ist Lug und Trug in ihre DNA eingeschrieben. Über den Verlauf des Abends vermischt sich das Erbgut Martin Puntigams Figuren der letzten 30 Jahren und ergibt die neue Erfolgsformel des Stücks "Glückskatze". Und die lautet: Science Buster + Alter Egos = der seriöseste und zum Schreien komischste Verschwörungstheoretiker von hier bis zum Weißen Haus. //

Text: Jutta Steiner
Fotos: Manfred Horak
Die Kritik zur Aufführung am 10.10.2020 im Kabarett Niedermair
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