Tom Waits veröffentlicht keine schlechten Alben. Das war noch nie der Fall, und auch "Real Gone" ändert daran nichts.
Der eigenwillige Sänger schaffte es auch auf seinem mittlerweile 20. Album hinreißende Melodien zu schreiben, zeitlose Texte zu verfassen. "Real Gone" wartet aber auch mit einer Premiere im Waitsschen Musikkosmos auf. Kein Piano. Und: Tom Waits goes HipHop. Und, und: Modernisierter Industry-Music-Sound. Und, und, und: Sohn Casey Waits an den Turntables. Und doch markiert "Real Gone" keinen radikalen Neubeginn wie 1983 mit "Swordfishtrombones", sondern logische und notwendige Weiterentwicklung des Songwriterpaares Kathleen Brennan/Tom Waits. Geniale Schrägheiten wie "Don't Go Into That Barn", "Make It Rain", "Circus" und das 10-minütige "Sins Of My Father" stehen großen ruhigen Songs wie "How's It Gonna End", "Dead And Lovely", "Green Grass" und "Day After Tomorrow" gegenüber. Letzteres ein Statement auf das Zeitgeschehen. Ein Brief - seit jeher gern verwendetes literarisches Stilmittel (nicht nur) von Tom Waits - eines Soldaten, der in den Krieg geschickt wurde: "I'm not fighting for justice", schreibt der Soldat an seine geliebte Frau, "I am not fighting for freedom/I am fighting for my life and/Another Day in the whole World here/I just do what I've been told/We're just the gravel on the road/And only the lucky ones come/Home, on the day after tomorrow." Ein Traum von einem Lied.
Auf "Circus" beschwört Tom Waits hingegen soundtechnisch alte Zeiten. Da grammelt's wie auf alten Vinyl-Singles. HiFidelity als Lo-Fi, wie es auch auf Jolie Hollands ebenfalls auf dem Anti-Label erschienenen Album "Escondida" zu hören ist. "Music was like electric sugar", verrät uns Tom Waits auf "Circus", und, vollends in Endzeitstimmung: "I wish I had some Whiskey and a Gun, my dear." Tom Waits kann gar nichts falsch machen, weil seine Musik ein in sich geschlossenes Universum ist. "It's the same old world, but nothing looks the same", singt er in "Make It Rain", ein Satz, den man durchaus auch auf "Real Gone", mehr noch, auf sein gesamtes Oeuvre beziehen kann. Tom Waits brüllt an einer anderen Stelle "I stand alone here". Wie recht er doch hat. Mit ihm können sich nicht viele messen.
Text: Manfred Horak
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CD-Tipp:
Tom Waits - Real Gone
Musik: @@@@@
Klang: @@@@
Label/Vertrieb: Anti/Edel (2004)