BartolomeyBittmann; Foto: Stephan Doleschal

Matthias Bartolomey und Klemens Bittmann alias BartolomeyBittmann im Interview zum Album "Dynamo".

Neue Spieltechniken finden und instrumentale Grenzen ausloten. (BartolomeyBittmann)

Wolfgang Muthspiel attestiert BartolomeyBittmann eine unbändige Spiellust gepaart mit radikalem Rhythmus. Tatsächlich ist deren Album "Dynamo" ein lustvolles Groove-Spektakel. Das Progressive strings Duo aus Wien arbeitet bereits seit 2012 zusammen und für beide ist BartolomeyBittmann das Herzensprojekt. Klemens Bittmann kennt man aus Kooperationen mit dem Akkordeonisten Klaus Paier, den Gitarristen Alegre Correa und Wolfgang Muthspiel, und natürlich mit dem Trio folksmilch. Zudem zeichnete er als Arrangeur für das unglaublich leiwande Album "Celebrating The Mahavishnu Orchestra" des radio.string.quartet.vienna (ACT, 2007) verantwortlich. Matthias Bartolomey wiederum war bereits Teil der Wiener Philharmoniker und des Chamber Orchestra of Europe und ist seit 2010 Solo-Cellist bei Concentus Musicus Wien, das Nikolaus Harnoncourt gründete. Nach "Meridian" (2013) und "Neubau" (2015) ist "Dynamo" das dritte Album des Duos.

Kulturwoche.at: Wie und wo habt ihr euch kennen gelernt?

Matthias Bartolomey: Klemens und ich haben uns 2011 in Wien kennengelernt. Ich habe damals in einem Streichquartett gespielt und Klemens hat für ein Projekt dieses Quartetts mit dem Sänger und Musicaldarsteller Dew Sarich Arrangements geschrieben.

Klemens Bittmann: Die Probenarbeit war sehr intensiv und wir haben uns sofort sehr gut verstanden. Wir waren damals an einem ähnlichen Wendepunkt im Leben. Beide haben wir nach einem neuen und kreativen musikalischem Projekt gesucht, dem wir uns voll und ganz widmen können. Bei unserer ersten gemeinsamen Jam-Session ist dann sofort der musikalische Funke übergesprungen.

Was war euch bei der Arbeit am neuen Album "Dynamo" besonders wichtig?

Klemens Bittmann: Wichtig war es uns für die Aufnahmen eine möglichst entspannte Atmosphäre zu schaffen, in der wir uns ganz auf die Kompositionen und das gemeinsame Musikmachen konzentrieren konnten. Aufgenommen haben wir das "Dynamo"-Album zur Gänze im Schlafzimmer der Wohnung von Matthias in Wien. 

Matthias Bartolomey: Mit Olaf Schuberth, der uns auch seit zwei Jahren als Live Tonmeister auf Tour begleitet, haben wir eine gemeinsame Sprache entwickelt. Er versteht, wohin wir mit unserer Musik klanglich wollen, und setzt das Live meisterhaft um. Wir sind sehr glücklich, dass wir ihn auch für das CD-Recording von "Dynamo" mit ins Team holen konnten.

Wie entstehen die Stücke für ein neues Album von BartolomeyBittmann?

Matthias Bartolomey: Wir komponieren unsere Stücke immer gemeinsam. Meistens nehmen wir uns ein paar Tage frei, um uns für den kreativen Prozess gut Zeit zu haben - wenn es die Umstände zulassen, versuchen wir auch aus der Stadt rauszukommen. 

Klemens Bittmann: Bad Aussee ist dabei für uns seit 2 Jahren ein ideales Refugium geworden. Für "Dynamo" haben wir sofort nach dem letzten Album "Neubau" zu komponieren begonnen. Am Anfang haben wir sehr intuitiv gearbeitet. Mit der Zeit wurde dann die Geschichte, die wir auf "Dynamo" erzählen, immer konkreter und wir haben bei der Arbeit an den letzten Kompositionen von "Dynamo" die Frage ‚Was fehlt noch, um diese Geschichte abzurunden‘ in den Mittelpunkt gestellt.

Gibt es ein Stück auf "Dynamo" das euch besonders am Herzen liegt und warum?

Matthias Bartolomey: Es ist schwierig ein Stück zu favorisieren, da wir mit jedem eine sehr individuelle und innige Verbindung haben.

Klemens Bittmann: Wenn wir uns spontan für eines entscheiden müssten, dann wäre es momentan "Viadukt": Es präsentiert, unter anderem durch die Verwendung von Arpeggios, eine ganz neue Facette unserer BartolomeyBittmann Klangwelt.

Wann und wo hat das erste Konzert von BartolomeyBittmann stattgefunden?

Matthias Bartolomey: Im August 2012 beim Murau International Music Festival.

Warum glaubt ihr ist euer Duo-Projekt auch über Österreichs Grenzen hinaus so erfolgreich?

Matthias Bartolomey: Wir wollen mit unseren Eigenkompositionen unser stark in der klassischen Musiktraditionen verankertes Instrumentarium auf einen neuen Weg bringen.

Klemens Bittmann: Von Beginn des Duos haben wir es uns zum Ziel gesetzt, sehr persönliche musikalische Geschichten zu erzählen, neue Spieltechniken zu finden und instrumentale Grenzen auszuloten. Der europaweite und internationale Erfolg des Duos ist für uns eine große Kraftquelle und bestärkt uns in unserer Arbeit.

Im Februar 2018 seid ihr auf Tour in Japan gewesen? Wie hat das Publikum dort auf eure Musik reagiert?

Matthias Bartolomey: Japan war eine ganz wunderbare Erfahrung! Wir haben sowohl in einem klassischen Konzertsaal, als auch in einem Rock-Club gespielt und das Publikum hat uns beide Male mit sehr viel Liebe und Begeisterung empfangen.

Klemens Bittmann: Wir planen gerade eine weitere Japan Tour für 2020.

Was ist das Angenehmste bzw. unangenehmste am vielen Touren bzw. Unterwegs sein?

Matthias Bartolomey: Das Angenehmste bzw. Spannendste sind sowohl die Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen, auf die wir treffen, als auch die vielen und oft sehr unterschiedlichen Veranstaltungsorte.

Klemens Bittmann: Der mühsame Teil am Touren sind wohl die langen Reisezeiten und Autofahrten.

Wer hatte die Idee zum sehr erfolgreichen Video von "Les Pauli"?

Matthias Bartolomey: Die Idee entstand gemeinsam. Die Ursprungsidee ging von einem One-Shot Video in einer einzigen Location aus - schlussendlich wurden es 281 Shots an 281 unterschiedlichen Orten in Wien.

Könnt ihr etwas über den Dreh dafür erzählen? Auf wie vielen Locations seid ihr dafür gewesen? Wie lange hat der Dreh insgesamt gedauert? Anekdoten vom Dreh?

Klemens Bittmann: Um Wien in all seinen Jahreszeiten zu zeigen, haben wir die Dreharbeiten auf einen Zeitraum von 15 Monaten ausgedehnt. Wir sind in der Früh ins Auto eingestiegen und sind bis zum Abend durch die Stadt gefahren und überall wo es uns gefallen hat, haben wir eine Szene aufgenommen. Manchmal waren wir mit einer vorgeplanten Route unterwegs, manchmal einfach spontan der Nase nach.

Wenn ihr auf einsame Insel müsstet und nur drei Alben mitnehmen könntet, welche wären das?

BartolomeyBittmann; Foto: Stephan DoleschalMatthias Bartolomey:
Radiohead - Ok Computer
Clemens Hagen & Paul Gulda - Beethoven Werke für Cello und Klavier
Deftones - White Pony
 
Klemens Bittmann
Glenn Gould - Goldberg Variationen
Miles Davis - Kind of blue
Hörbuch CD - Wie baue ich mir ein Schiff auf einer einsamen Insel?

Eure Lieblingsplätze in Wien im Frühling?

Matthias Bartolomey:
Volksgarten

Klemens Bittmann: 
Am Himmel, Baumkreis

Zukunftspläne?

Matthias Bartolomey: Die Weiterentwicklung unseres BartolomeyBittmann Repertoires - es gibt noch viele Geschichten, die wir erzählen möchten. //

Interview: © Robert Fischer
Fotos: © Stephan Doleschal

Album-Tipp:
BartolomeyBittmann: Dynamo
Musik: @@@@@
Klang: @@@@@@
Label / Vertrieb: ACT (2019)

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