Unser aller böses Erwachen anstelle Fridays for Future?; Foto: pixabay

Im fünften Teil unserer Artikel-Reihe Fridays for Future: Musik für eine bessere Welt rücken zwei Songs in den Fokus, die u.a. kontaminiertes Trinkwasser und Luftverschmutzung thematisieren.

Fridays for Future, Teil 5

Zunächst einmal die schlechte Nachricht: Umweltschäden verursachen ein Viertel der weltweiten Todes- und Krankheitsfälle. So die Conclusio des UN-Berichts vom März 2019. Die Leiterin des UN-Umweltprogramms, Joyce Msuya, präzisiert: "Die Wissenschaft ist deutlich: Die Gesundheit und der Wohlstand der Menschheit ist direkt mit dem Zustand unserer Umwelt verbunden". Was so viel bedeutet wie, dass sich die Politik im Auftrag der Menschheit für einen neuen Weg der nachhaltigen Entwicklung entscheiden muss. Nun sollte die gute Nachricht folgen, nur: Gibt es eine? Die Fridays for Future Bewegung, angestiftet von der mutigen Schülerin Greta Thunberg aus Schweden, kann durchaus als solche betrachtet werden. "Diese jungen Klimademonstranten sind alles, was wir haben", meint denn auch der Pyhsiker, Manager und Autor Peter Grassmann in seinem Buch Zähmt die Wirtschaft! Ohne bürgerliche Einmischung werden wir die Gier nicht stoppen (Westend Verlag, 2019).

Fatalismus und Verfehlungen

Wie fatal wahr diese Aussage ist, zeigt ein Blick auf Österreich. Noch im März 2019 wurde seitens des Umweltministeriums abgewiegelt, und behauptete gegenüber der Tageszeitung Der Standard, man sei optimistisch. "Österreich arbeitet weiterhin sehr intensiv daran, seine für das Jahr 2020 gesteckten Klimaschutzziele durch Maßnahmen im Inland zu erreichen. Wir sind zuversichtlich, dass dies mit den in der Klima- und Energiestrategie vereinbarten Maßnahmen gelingen wird". Man habe also alles im Griff - und heute, Anfang Mai 2019, kaum zwei Monate später? Umweltministerin Elisabeth Köstinger gibt erstmals zu, dass Zertifikatszukäufe in Milliardenhöhe auf Österreich zukommen könnten. Grund: Verfehlung des Klimazieles.

Heute kennen die Leute von allem den Preis und von nichts den Wert

Nun sind Zertifikatszukäufe von der umweltpolitischen Wirksamkeit her umstritten Der Autor Raj Patel gab seinem Bestseller nicht von ungefähr den Buchtitel Was kostet die Welt? (The Value of Nothing; Riemann, 2009). Patel ging dabei von einem Oscar Wilde Spruch aus, der da lautet: Heute kennen die Leute von allem den Preis und von nichts den Wert. Die große Frage ist ja schließlich, wie die Regeln eines Emissionshandels funktionieren können, um eine positive Klimawende einzuleiten, bzw. ob man tatsächlich das Problem anhand des Marktes lösen kann. Die Hoffnung derzeit lautet: Kohlendioxid hat einen hohen Preis und den Rest regelt der Markt. Ob es uns davor bewahrt, eines Tages nicht mehr frei atmen zu können, weil die Lebensbedingungen es nicht mehr zulassen, sei mal dahingestellt.

Zwei nachhaltig brillante Lieder aus fernen Zeiten

Die zwei Lieder, die wir an dieser Stelle erneut ins Gedächtnis rufen, haben weder über nachhaltige und faire Wirtschaftsweise noch über Fridays for Future gesungen und auch nicht über partizipative Markt- und Demokratiemodelle, sondern ganz lapidar über Luftverschmutzung, dies jedoch auf besondere Art und Weise. Zwei nachhaltig brillante Lieder aus fernen Zeiten. Der große Satiriker Tom Lehrer, mittlerweile 90+ und längst nur noch Privatperson, war eigentlich Mathematiker, forschte in Los Alamos und bei der NSA und lehrte u.a. in Harvard und am MIT. Seine Karriere als Musiker beschränkte sich auf den Zeitraum 1953-1965. In dieser Zeit veröffentlichte Lehrer ca. 50 Songs auf fünf Alben. Sein Sarkasmus inspirierte nicht nur Georg Kreisler, sondern definitiv auch Randy Newman, der über Tom Lehrer einmal sagte: "He's one of the great American songwriters without a doubt, right up there with everybody, the top guys. As a lyricist, as good as there's been in the last half of the 20th century." Das bekannteste und zugleich letzte Album von Tom Lehrer trägt den Titel That Was the Year That Was (1965). Die Lieder für dieses Album schrieb Tom Lehrer für die TV Serie That Was The Week That Was von NBC. Alle Lieder beziehen sich sozusagen auf das Weltgeschehen und sind also politische Satiren in Liedform. In Pollution sang Tom Lehrer über die Umweltverschmutzung und Kontaminierungen in den USA, sehr präzise auf den Punkt gebracht: If you visit American city / You will find it very pretty / Just two things of which you must beware / Don’t drink the water and don't breathe the air! Etwas später im Lied heißt es dann: Pollution, pollution / You can use the latest toothpaste / And then rinse your mouth / With industrial waste.

Adieu moderne Welt!

Die schlechten Luftwerte nahm sich auch Ray Davies von The Kinks im Lied Apeman vor. "Wenn ich aus dem Fenster schaue, kann ich keinen Himmel sehen. Die Luftverschmutzung vernebelt meine Augen. Ich möchte lebend aus dieser Stadt raus...". Dieser Song stammt vom Album Lola Versus Powerman and the Moneygoround, Part One, das im November 1970 veröffentlicht wurde. Apeman war zudem die Nachfolge-Single von Lola. In Apeman distanziert sich Ray Davies von der modernen Welt und erklärt, dass er gerne auf eine weit entfernte Insel segeln möchte, um dort wie ein Affenmensch zu leben. In Apeman veranschaulicht er auch, dass wir (die Menschheit) unsere Probleme selbst schaffen und um diese zu lösen wäre es eigentlich angemessen die Städte zu verlassen und in der Natur zu leben. I think I'm so educated and I'm so civilized 'cause I'm a strict vegetarian / And with the over population, and inflation and starvation, and the crazy politicians / I don't feel safe in this world no more, I don't want to die in a nuclear war / I want to sail away to a distant shore, and make like an apeman... Das mag recht simpel klingen und möglicherweise auch hippiesk-romantisch, wenn man aber die beiden Sprachbilder von Tom Lehrer und von The Kinks mit der Gegenwart übereinander legt, dann wird man im Sinne der Fridays for Future Bewegung vermutlich zu einem ähnlichen Gedanken kommen. //

 Text: Manfred Horak
Foto: pixabay