Für das achte Album seit 1988 und das erste seit sieben Jahren holte sich Tanita Tikaram den Produzenten Paul Bryan (Aimee Mann, Grant-Lee Phillips) ins Boot, um einen US-amerikanischen Sound zu schaffen, wie sie Robert Fischer im Interview erzählte.

Kulturwoche.at:  Hallo Tanita, du postet auf Facebook regelmäßig Updates. Was hältst du von diesen neuen Social Media-Netzwerken?

Tanita Tikaram: Das Posten macht mir Spaß. Man kann mit seinen Fans und Freunden verbunden sein, aber auf eine nette Art und Ihnen Dinge wie z.B. Musikvideos zeigen, die man mag. Ein Freund hat mich darauf gebracht, einen Acount bei Facebook einzurichten und mittlerweile gefällt es mir richtig gut. Außerdem kommen von den Leuten auch manchmal gute Vorschläge, was mich interessieren könnte.

Welches Konzept hast du für dein neues Album "Can't Go Back" verfolgt?

Ich wollte einfach ein energievolles und lebendiges Album machen. Wir haben "Can't Go Back" relativ schnell in sechs Tagen in Los Angeles mit einer tollen Band aus Studio-Musikern aufgenommen. Die meisten Songs wurden live aufgenommen, und außer, dass später noch einige wenige Overdubs dazu kamen, wurde nicht mehr viel daran verändert. Mir war sehr wichtig, dass die CD einerseits einen US-amerikanischen Sound hat, und aber andrerseits gleichzeitig meine Stimme mit ihrem englischen Background im Mittelpunkt steht. Ich finde diese Mischung ist auf "Can't Go Back" perfekt gelungen.

In der Info deiner Plattenfirma zu "Can't Go Back" ist zu lesen, dass der Sound des neuen Albums u.a. von klassischen Soul-Pop einer Dusty Springfield oder Gospel-Platten von Sister Rosetta Tharpe oder Marie Knight beeinflusst ist. Würdest du dem zustimmen?

Ja, aber es geht da nicht darum jemanden zu kopieren. Wenn man, so wie ich, ein großer Fan von diesen Legenden bzw. Ihren Platten ist, dann passiert es in Folge eher unbewusst, dass etwas von diesen berühmten Musikern auch in deinen eigenen Sound bzw. die Songs einfließt. Daneben ist als Künstler aber natürlich trotzdem wichtig, musikalisch eine starke eigene Identität zu haben.

Wie bist du zu deinem neuen Produzenten Paul Bryan gekommen?

Ich war schon länger auf der Suche nach einem neuen Produzenten, und war schon etwas frustriert, weil ich aus verschiedenen Gründen nicht an die richtigen Leute gekommen bin oder die Zusammenarbeit nicht so funktionierte, wie ich mir das vorgestellt habe. Dann hat eine Freundin gemeint, ich solle mir die letzte CD von Aimee Mann anhören, deren Produzent könnte vielleicht zu mir passen. So stieß ich dann auf Paul Bryan, mit dem ich mich auf Anhieb gut verstanden habe, und der sich einverstanden erklärte, "Can't Go Back" zu produzieren. Zusätzlich hat Paul dann tolle Musiker für die Sessions ausgesucht und sich auch sehr darum bemüht, dass ich mich auch außerhalb des Studios bei meinem Aufenthalt in L.A. richtig wohlfühle.

Ich finde besonders die erste Single "Dust On My Shoes" sehr gelungen. Wie ist dieser Song entstanden?

Danke! Das war ja eigentlich ein Song, der es fast nicht aufs Album geschafft hätte. Ich kann mich noch erinnern, als ich "Dust On My Shoes" schrieb. Da dachte ich zuerst, dass so ein Lied über Freiheit wahrscheinlich niemand interessieren würde. Ich hatte am Anfang auch nur eine sehr simple Version und ich war gar nicht sicher, ob das so funktionieren würde bzw. ob der Text gut genug ist. Und als ich dann in L.A. war, um die CD aufzunehmen, fragte Paul nach ein paar Tagen im Studio, ob ich noch einen zusätzlichen Song hätte. Ich sagte Nein, doch dann hat mich aber mein Gitarrist Mark Creswell ermutigt, den Entwurf von "Dust On My Shoes" noch fertig zu schreiben. Er meinte, das Stück wäre gut, weil es so etwas von einem Road-Song hat und auch ein wenig amerikanisch klingt. Also habe ich den Song dann wieder her genommen, zu Ende geschrieben und dann Paul gegeben. Er war von "Dust On My Shoes" sofort begeistert. Manchmal weiß man vorher einfach nicht, was als Song gut funktioniert (schmunzelt).

Auf "Can't Go Back" gibt es auch zwei Songs, wo Grant-Lee Phillips [früher bei der Band Grant Lee Buffalo, Anm.] mit dir singt? Wie kam es dazu?

Der Kontakt kam über Paul Bryan zustande. Er hat schon CDs mit ihm produziert. Und als wir dann den Song "Keep It Real" aufnahmen, haben wir dann überlegt, welche Stimme gut dazu passen würde. Paul hat dann Grant-Lee Phillips vorgeschlagen, er kam schon am nächsten Tag ins Studio und seine Stimme hat perfekt gepasst. Es war genau das, was ich gesucht hatte.

Was ist momentan dein Lieblingssong auf "Can't Go Back"?

Tja, wahrscheinlich "Make The Day", aber ich bin wirklich mit dem gesamten Album sehr zufrieden. Die Platte hat einen guten Flow, und das ist einfach magisch, wenn das klappt. Ich weiß auch gar nicht genau warum das so ist, aber "Can't Go Back" funktioniert als komplettes Album einfach wirklich gut.


Du wirst mit dem neuen Album im Herbst 2012 auch auf Tour gehen. Wie waren deine Erfahrungen, als du im letzten Frühjahr nach längerer Pause wieder auf der Bühne gestanden bist?

Das war super, hat mir viel Spaß gemacht. Ich hatte schon vergessen, wie toll es ist live zu spielen und dabei mit dem Publikum zu kommunizieren. Man kann dabei als Musiker so viel lernen und sich weiter entwickeln. Die erste Phase der Tour zu "Can't Go Back" werde ich mit zwei anderen Musikern gemeinsam bestreiten, da werden wir als Trio unterwegs sein. Und nächsten Frühjahr und Sommer, wenn es Richtung Festivals geht, hoffe ich, mit einer kompletten Band auf Tour zu gehen.

Was hat eigentlich der Titel "Can't Go Back" zu bedeuten?

"Can't Go Back" war der Song, der das ganze Album gut zusammenfasst. Der Song handelt davon, glücklich zu sein, so wie du bist und vielleicht ist das auch eine gute Perspektive für das ganze Album. Man sollte nicht zuviel in die Vergangenheit zurückschauen, weil man sie sowieso nicht ändern kann. Das Leben geht weiter, und viel wichtiger sind die Gegenwart und die Zukunft.

Jetzt kommt noch die spezielle Frage, die ich bei jedem Interview stelle. Welche drei persönlichen Dinge hast du immer dabei, wenn du auf Tour gehst?

Meine Güte (schmunzelt)! Also zuerst einmal irgendwas das nach Home riecht, dann Hausschuhe und was zum Lesen. Derzeit lese ich gerade das Buch "Caroline" von Cornelius Medvei.

Danke für das Interview!

Interview: Robert Fischer
Fotos: Natacha Horn


CD-Tipp:
Tanita Tikaram: Can't Go Back
Label/Vertrieb: earMusic/Edel (2012)