meena-try-meNa bitte, es geht doch. Es muss nicht immer nachgeahmt werden, es darf auch mal eine individuelle Handschrift haben. Der Lohn: die österreichische Bluessängerin Meena Cryle schaffte es mit exzellenten Liedern und wuchtiger Stimme einen mehrjährigen drei Alben umfassenden internationalen Deal beim prominenten Label Ruf Records zu erhalten. "Try Me" heißt das erste Album und wir sagen gleich vorweg: Yes, buy it!

Gemeinsam mit ihrem Langzeit-Kumpel Chris Fillmore (Gitarre) - der Großteil der Lieder sind denn auch aus beider Feder entstanden - begab sich die in Wien lebende Sängerin ins Bessy Blue Studio in Stantonville, Tennessee (USA) und spielte dort zwölf erstklassige Lieder ein. Die musikalische Formel: Elektrisch genährter Blues-Rock mit den primären Zusatzstoffen Gospel, Soul und Funk, angereichert mit einigen weiteren Spurenelementen. Interessanterweise beginnt das Album mit einem Lied von James Brown, das zugleich auch der Album-Titel ist [von James Brown und seinem damaligen musikalischen Direktor Alfred 'Pee Wee' Ellis (Saxofon) kann man "Try Me" auf dem Ende 2009 wieder veröffentlichten Album "Live at the Garden" von 1967 nachhören. Tipp: Hört euch beide Versionen an, damit ihr die Cover-Version von Meena noch mehr zu schätzen wisst; Anm.]. Danach folgen vier Lieder aus dem Eigenbau Meena-Fillmore. Zunächst das funkige Blues-Gebräu "Nothing Left", gefolgt vom blues-rockigen "Send me a Doctor". Gefühlsmäßig unerreicht auf dem Album ist deren Blues-Hatscher "Put your hands out of my pocket", von dem es auch ein VIDEO gibt. Hier kommen alle Vorzüge von Meenas musikalischer Vision zur Geltung. Das knapp einminütige Gitarren-Intro lässt einen geradewegs ins Lied reinkippen, und schon ist man gefangen, wenn Meena mit ihrer unglaublichen Gesangsstimme einsetzt und Chris Fillmore ein kolossales Gitarren-Solo vom Stapel lässt. "Put your hands out of my pocket" zumindest einmal täglich hören ist beinahe schon Pflicht. Was für ein Lied. Intensiv und fordernd. Breitflächiger das anschließende "Sorry", wie gemacht fürs Radio. Zwei Lieder entstanden übrigens gemeinsam mit Harry Cuny Pierron (Ostbahn Kurti & Die Chefpartie, Chili Cheeps), nämlich die rockig-rollenden "I'm leaving you" und "Love won't fall apart". Das Gegenteil dessen, also schmachtend und verzehrend, ist hingegen "This Song is for you", auf dem Chris Fillmore erneut mit einem prima Gitarren-Solo aufwartet. In diese Richtung geht auch die zweite Cover-Version des Albums, "I'd rather go blind" von Jordan Ellington und Billy Foster mit der Kanadierin Donna Grantis an der Gitarre. Ein Song, von dem es bereits unzählige Versionen gibt [die bekanntesten stammen von Etta James mit und ohne Dr. John, sowie von Rod Stewart and the Faces, Chicken Shack (mit der späteren Fleetwoood Mac Sängerin Christine McVie) und Beyoncé; Anm.], und hier hält sich Meena relativ nahe an die frühe Vorlage von Etta James. Ein Heartbreaking Song, der zu Recht wieder in Erinnerung gerufen wird. Yes, und Meena lädt auch in die Gospel-Kirche ein. "Let your sweet love shine on me" mit Gast-Gitarristin Joanne Shaw Taylor stellt neben dem Titellied und "Put your hands out of my pocket" den dritten Höhepunkt des Albums. Als sehr auffällig erweist sich auch der wütende Blues-Rocker "I shoot you down". "You took my pride and joy", singt Meena während dessen die elektrischen Blues-Rock-Gitarren von Eric Sardinas und der Finnin Erja Lyytinen Geschosse gleich zünden. Versöhnlich der Ausklang des Albums mit Star-Gitarrist Coco Montoya und der kanadischen Blues- und Jazzsängerin Shakura S'Aida, wenn sie mit "Just as I am" eine weitere Cover-Version, diesmal von Luther Allison und Sandy Carroll, intonieren. Perfekter Ausklang eines kantigen und stimmgewaltigen Albums, das keine Wünsche offen lässt. Und sollte es in der Millionen-Show jemals zur Frage kommen, wer in Österreich die beste Blues-Stimme hat, so kann die richtige Antwort nur lauten: Meena. (Manfred Horak)

CD-Tipp:
Meena: Try Me
Musik: @@@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: Ruf Rec./Lotus (2010)