Marco Pogo von Bierpartei; Foto: Nadia Baha

Marco Pogo, Sänger der Punkband Turbobier und Vorsitzender der Bierpartei Österreich im Gespräch über Musik, Politik und noch viel mehr.

Kulturwoche.at: So knapp vor der Wahl: Wie geht’s und war es eine gute Idee, in die Politik zu gehen?

Marco Pogo: Das Leben als Politiker ist sehr stressig. Nachdem die Inhalte, die die Bierpartei vertritt für jeden Bürger von Vorteil sind, ist es natürlich selbstlos, wie ich bin, sehr, sehr gut, dass ich in die Politik gegangen bin. Auch wenn's persönlich manchmal etwas stressig ist, aber ich glaube, das Land braucht eine starke Bewegung - eine starke Bewegung für Bier, und es ist an der Zeit, dass jemand die Dinge ordentlich angreift. So gesehen: Ja, es war eine gute Idee, aber ich hab's für uns alle gemacht.

Für das Land...

Marco Pogo: Ich hab's für das Land getan. (lacht)

Martin Sonneborn [Die Partei; Anm.] nannte Österreich ein kaputtes Land. Was macht bzw. wird die BPÖ machen, damit das Land weniger kaputt wird?

Marco Pogo: Prinzipiell glaube ich ja, dass ich für den Beruf des Politikers komplett überqualifiziert bin und allein das ist ja schon mal ein gutes Zeichen, dafür, dass wirklich alles besser wird. Sonneborn hatte recht, wenn er sagt: Österreich ist ein kaputtes Land. Wenn man sich anschaut, was jetzt tagtäglich aufbricht an diesem Konglomerat an Wahnsinn, was vorrangig die Freiheitliche Partei da aufführt, das ist ja wirklich sensationell. Es bleibt nur zu hoffen, dass die zukünftige Regierung ohne diesen Haufen an inkompetenten Schwachmaten auskommt.

Es ist zu hoffen, aber zu befürchten...

Marco Pogo: ...dass das Gegenteil sein wird. Genau.

Die Wahlparty am 29. September 2019 wird im Aera steigen. Hoffentlich haben da alle Platz?

Marco Pogo: Leider nicht. Ich hab nicht mit so einem massiven Ansturm gerechnet. Auf Facebook sind jetzt ca. 900 angemeldet. Und zugelassen sind glaub ich 180. So gesehen, wird’s sehr, sehr kuschelig. Wenn dann der Wahlsieg der Bierpartei verkündet wird, um 17:05 Uhr, da ist's sicher bummvoll, aber da kommt man halt a bissl später, oder früher. Und wir haben dem Aera schon gesagt, dass wir ein kleines Straßenfest draus machen. Da ist eh ein schattiger Gastgarten und dort werden wir uns vergnügen.

Wann hat das mit dem Interesse an Politik begonnen? Oder ist es ein Aufopfern? Nach eigenen Angaben bist du ja zu jung, zu schön, zu gut ausgebildet, um überhaupt Politiker zu sein?

Marco Pogo: Die Bierpartei habe ich 2014 gegründet, bin bis dato aber immer an meiner eigenen Faulheit gescheitert und jetzt im Zuge dieses Ibiza-Skandals war klar: Jetzt erst recht, jetzt muss die Bierpartei ran, den Karren aus dem Dreck ziehen, und ich bin für den Beruf des Politikers, wie du siehst, wirklich zu jung, zu schön und zu gut ausgebildet. Auf jeden Fall höher ausgebildet als unser Altkanzler...

...was ja nicht so schwer ist...

Marco Pogo (lacht): Ja, das wär ned so schwer, da hat er die Latte nicht sonderlich hoch gelegt. Aber mal schauen, ich kann mir vorstellen, dass die paar Jungs da in der FPÖ... - da sind auch ein paar nicht über den Pflichtschulabschluss hinausgekommen.

Die meisten wahrscheinlich. Was ja grundsätzlich nicht so wichtig wär, wenn...

Marco Pogo: Ich wollt das grad sagen, das ist ja, denk ich auch ganz wichtig. Das Parlament sollte sich nicht nur aus der intellektuellen Elite zusammensetzen. Ich glaube, dass es sehr gut so ist, dass Leute aus verschiedenen Bevölkerungsschichten zusammenkommen. Solang's ned so deppat san. Das ist so das Problem.

Zurück zur Musik. Mit Pogo's Emire bringst du auch Alben anderer Bands heraus, z.B. Reverend Backflash, PÄM, Igel vs. Shark etc. Das spiegelt wohl auch deinen Musikgeschmack wider, oder lauscht du heimlich Opernarien auf Ö1?

Marco Pogo: Das Wort Opernarien kenne ich nicht. Ö1 wirklich eher selten. Prinzipiell, die Bands, die ich da veröffentliche, sind erstens Bands, die ich gut finde und zweitens auch meine Freunde. Das trifft sich gut. Da ist alles auf einem sehr freundschaftlichen Verhältnis mit den Bands, die ich da unter Vertrag hab. Sie sind, glaube ich, auch sehr zufrieden mit der Zusammen“Arbeit“. Wobei ich ja jede Art von Tätigkeit zu vermeiden versuche. Aber inzwischen habe ich einige Leute, die ein bisschen mehr arbeiten, damit ich es nicht tun muss.

In der BPÖ sind nur Männer - zumindest am Wahlzettel. Wie ist es dazu gekommen?

Marco Pogo: Das ist richtig. Und mir ist es leider erst ein bisschen spät aufgefallen. Ich war bei der Stimmabgabe mit dem Listenzweiten dort und dann: Oida, wir haben keine einzige Frau. Und dann war's zu spät. Das hat jetzt keine tiefergreifenden Gründe, sondern ich hab's irgendwie verschwitzt. Aber irren ist menschlich. Natürlich gehört da eine starke, weibliche Vertretung auch in die Bierpartei, weil auch Frauen trinken gerne Bier. Bei der Sängerin der Band Päm könnte ich mir vorstellen, dass sie die Interessen der Bierpartei in Niederösterreich in Zukunft vertreten wird. Ich werde ihr ein Angebot machen.

Die Filmgroteske "Zweite Tür rechts" von Matthias Ramon Jaklitsch zeigt, angelehnt an MA 2412, u.a. Ing. Norbert Aldi und Heinrich C. Stachel im Amt für direkte Demokratie, wo sie "nichts" tun. Wie unterscheidet sich das "Nichtstun" der BPÖ bzw. dein Nichtstun von jenem Nichtstun?

Marco Pogo: Ich würde sagen durch ... nichts. Ich mach das wirklich gerne, Nichtstun. Ich fühle mich auch als Experte für absolute Untätigkeit. Bei mir geht das absolute Nixtun auch oft einher mit dem Auskurieren des Katers des Vortags, das geht in einem Aufwaschen. Gestern habe ich wieder erfolgreich sehr wenig gemacht (lacht): Da freut man sich und ist auch stolz drauf. Den Film muss ich mir unbedingt anschauen. Und generell: Nixtun, da kann jeder für sich selbst das richtige maß an totaler Untätigkeit herausfinden. Ob man jetzt nix tut und am Sofa liegt und Fern schaut, oder ob für manche Ideologischen Hardliner selbst Fernsehen schon zu viel Tätigkeit ist, sollte jeder selbst herausfinden.

Was ist das für ein Gefühl, wenn Martin Sonneborn von Die Partei Anerkennung ausspricht und die Grünen OÖ plötzlich das Bier als Wahlkampfthema entdecken?

Marco Pogo: Sonneborns Lob, die Bierpartei läuft ihnen den Rang ab, ist natürlich der Ritterschlag für jeden ernstzunehmenden Politiker. Das sehe ich sehr, sehr positiv. Die Grünen haben sich schon auf mein Antwortvideo [Kommentar zur Entdeckung des Biers als Wahlkampfthema der Grünen ÖO; Anm.] gemeldet und dabei dem Ausdruck verliehen, dass sie der Bierpartei gegenüber sehr wohlwollend sind. Die Grünen sind natürlich auch politischer Mitbewerber der Bierpartei. Aber ich bin froh, dass nun auch andere Parteien draufkommen, dass Bier ein schützenswertes, kulturelles Gut ist. Und da gibt’s kein Falsch, wenn andere Parteien auch anfangen, das Bier lobzupreisen. Dem Wähler und der Wählerin kann ich nur sagen: Geht's ned zum Schmiedl, geht's zum Schmied. Wir san die Experten.

Im Lied "Politiker können nichts dafür" von Sebastian Krämer heißt es: "Vielleicht hatten sie mal Ideale, zu der Zeit, als es auf dem Mars wohl noch Wasser gab". Wie schaut es mit den Idealen der BPÖ aus - abgesehen von den augenscheinlichen?

Marco Pogo: Ich hab schon sehr große, wichtige, über allem stehende Ideale, die ich auch schon öfter in Songs zum Ausdruck gebracht habe, z.B. in der Nummer "A Mensch is a Mensch", wo mein politischer Standpunkt zu verorten ist. Ich glaub, es ist auch sehr wichtig, dass Musiker, die offensichtlich ein Sprachrohr haben und denen auch Leute zuhören, was bei mir auch der Fall ist, dass man dieses Sprachrohr auch nutzt, um Inhalte weiterzugeben, auch abseits von Songs. Man kann ruhig seine Meinung sagen und es ist sehr wichtig, seine Meinung zu sagen. Das regt mich immer auf, wenn jemand etwas sagt und dann schreibt jemand: Oida, konzentrier dich auf's Musik machen und sag deine Meinung nicht. Wo steht geschrieben, dass ein Wolfgang Ambros z.B. seine Meinung nicht sagen darf? Jeder soll, kann, darf muss seine Meinung sagen. Wenn jemand eine Person in der Öffentlichkeit ist, sollte man umso mehr die Meinung sagen. Das sind meine Ideale, neben der totalen Verherrlichung von Bierkonsum. 

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Wann manifestierte sich die Liebe zur Musik. War's immer schon Punk, Punkrock, Rock?

Marco Pogo: Die Liebe zur Musik hat begonnen mit meiner klassischen Blockflötenausbildung, dann Xylophon, dann unterm Weihnachtsbaum "Stille Nacht". Dann musste die Blockflöte einer Gitarre weichen. Ich hatte sogar einmal einen Gitarrenlehrer, bin aber, wie immer, an meiner eigenen Faulheit gescheitert. Es war eigentlich immer Rock oder Punkrock im weitesten Sinn. Meine erste CD war Green Day, "Dookie". Die höre ich mir immer noch gern an. Mit Sex Pistols, Ranchid, so bin ich halt aufgewachsen. Punkrocker mit Zuckerwasser in die Hoar, hat fürchterlich gepickt. Also: Blockflöte - Gitarre - Bierglas.

Die Evolution in der Musik. - Hat sich eigentlich Novomatic schon gemeldet? Immerhin wirfst du im Wahlkampfvideo "Fett Kumman" ja Drangla-Schilling' (Trinkgeld; Anm.) ins "Postfach".

Marco Pogo: Leider nein, aber wenn's jetzt mit der Politik nix wird, dann wäre der nächste logische Schritt ein Vorstandsposten. Vielleicht direkter Kollege von Eva Glawischnig, wenn wir schon bei den Grünen sind. Das Internet ist ein Dorf, ich bin mir sicher, sie haben's schon zur Kenntnis genommen. Die Warten jetzt ab...

...Wie die Wahl ausgeht, je nachdem gibt’s dann mehr oder weniger Geld.

Marco Pogo: Oder ob sie sich sowieso mir beugen werden müssen, weil ich die Novomatic rückverstaatlich und den Menschen zurückgebe. Das würde ich machen.

Lukas Resetarits meinte einmal: "Zur Satire gehört schon a Hirnderl" So erklärt sich, dass Martin Sellner sich positiv zur BPÖ äußerte. Das habt ihr natürlich prompt zurückgewiesen. Kein leichtes Los, mit Satire in der Politik... Besonders, wenn Politik zur Satire wird.

Marco Pogo: Ja, du hast Recht. Ich war schockiert, dass der bekannteste Neonazi Österreichs, Patrioten, dass sich der positiv zur Bierpartei äußert. Ich habe auch lange herum gegrübelt, warum er das macht, ob da eine Art Kalkül dabei war. Der hat einfach gar nichts verstanden. Daher habe ich im Posting geschrieben: Wir stehen für all das, wofür er nicht steht. Und klargemacht, was ich von diesem Verein halte. Die Antwort ist: Na, der ist wirklich so deppat.

Ob bei Turbobier oder BPÖ, ihr schafft es, Prominente für eure Videos zu gewinnen - Roland Düringer, Thomas Spitzer (EAV), Der Nino aus Wien etc. - Überzeugt Qualität einfach oder ist es auch Sympathie und Freundschaftswirtschaft?

Marco Pogo: Selbst die große Bierpartei kommt nicht ganz ohne Freundschaftswirtschaft aus. Dennoch dürfte es sich in den gehobenen Künstlerkreisen schon durchgesprochen haben, dass es sich als Ruhmesblatt herausstellt, bei Turbobier oder der BPÖ in einem Video erscheinen zu dürfen. Daher stellen sich schon alle an. Solange ich die Künstler gut und leiwand finde, spricht nichts dagegen, sie auch auftreten zu lassen. Wenn mich der Sellner fragen würde, würde ich sagen: Nein.

Aber der ist ja kein Prominenter.

Marco Pogo: Der ist kein Prominenter, der is a Depperter. Wie wir vorher schon gesagt ham. Aber es ist für mich auch eine riesengroße Ehre, wenn sich Leute, von denen ich sehr viel halte, sich hinablassen,

"Nur wer sich nicht länger für Schwachsinn entlohnen lässt, geht vielleicht in die Geschichte ein." - Wieder Sebastian Krämer. Das spricht dir und auch der BPÖ vermutlich aus der Seele, denn die BPÖ fordert ja u.a. den Null-Stunden Tag und das 7 Tage Wochenende!

Marco Pogo: Ja, ja, natürlich. Wir werden sicher in die Geschichte eingehen, wenn sich unter Schwachsinn Arbeit und generell jede Tätigkeit subsumieren lässt, sollte das unentlohnt bleiben. Und das Nichtstun belohnt. Das könnte ich mir auf meine Fahne schreiben.

Sebastian Krämer singt weiter: "Man wacht auf und ist König von Deutschland und dann wird einem klar, dass man's immer schon war." Wie ist es als King of Simmering aufzuwachen - Monarchie, Bierokratie - (k)ein Widerspruch?

Marco Pogo: Ganz so groß wie Rio Reiser mit "König von Deutschland" hab ich mich noch nicht gemacht, aber von Simmering. Das ist ein Anfang. Aber ich glaube, dass jeder King of Simmering sein kann, wenn er nur will. Das ist mir letztens auch passiert, als ich durch Simmering gelaufen bin. Da hat mir einer nachgerufen: Eh, du bist nicht die King of Simmering! Ich bin King of Simmering! Ich bin stehen geblieben und hab ihm gesagt: Weißt was, wir sind beide King of Simmering! Dann hat er sich sehr gefreut und ich hab mich gefreut.

Dann ist es auch keine Monarchie mehr.

Marco Pogo: Eine Bierokratie. In Simmering geht die Macht definitiv vom Bier aus. Jetzt wird das ausgeweitet. Zumindest einmal in Wien. Dann schau ma. Nächstes Jahr ist Bürgermeisterwahl. Ich habe ja wirklich gehofft, dass es zum Kopf-an-Kopf Rennen zwischen Strache und Pogo kommt, aber so wie's jetzt ausschaut...

Aber der kommt wieder... Jetzt ist seine Frau da, die hält ihm den Sitz warm und dann setzt er sich wieder hin. - Ihr habt über das Hörbiger Video drüber geredet. Was könnte Maschek bei der BPÖ drüber reden?

Marco Pogo: Das ist schwierig! Ich habe die beiden kennenlernen dürfen. Sie haben mir ihr neues Buch geschenkt. Die sind so großartig! Ich hoffe mal nicht, dass sie über die BPÖ drüber reden, weil das würd heißen, dass sie mich total zerlegen, und das hoff ich nicht.

Aber steigt man da nicht im Ansehen, wenn man von Maschek besprochen wird?

Marco Pogo: Man steigt vielleicht im Ansehen, aber es wäre schon eine persönliche Niederlage, wenn sie mich derart veroaschen würden, wie sie das bei manchen schon getan haben. Aber ganz, ganz große Künstler. Sind wir froh, dass wir sie ham!

Dieses Jahr ist das neue Album "King of Simmering" erschienen. im Oktober geht es weiter mit der Tour.. Was hat Simmering, was andere Bezirke nicht haben? Welche Bezirke landen auf Platz 2 und 3?

Marco Pogo: Simmering hat...

...einen Friedhof...

Marco Pogo: Ja, und es ist der kostengünstigste Bezirk, auch was die Miete betrifft. Das wirkt sich auch auf die Bierpreise aus, es ist sehr dranglafreundlich [trinkfreundlich; Anm.] ... Man kann mit wenig Geld sehr viel erleben. Das hat Simmering sicher anderen Bezirken voraus. Architektonisch hat es jetzt weniger zu bieten, aber dafür umso mehr Liebe und Spirit. Platz 2? Ich mag den 15. wirklich auch sehr. So gefährlich ist es auch nicht, wie RAF Camora sind und es gibt geile Sachen zum Essen. Ich mag diese kulturelle Vermischung. Ich verstehe gar nicht, wie man das nicht mögen kann. Ich find's leiwand, wenn ich im Türkischen Restaurant was krieg, was ich im Scnnitzelhaus halt ned krieg. Das ist toll! Aber das verstehen viele nicht. Das versteh ich in dem Fall auch nicht. Im 2., im Prater find ich's auch schön.

Wie kann man sich aus den Fängen dieser sogenannten "Volksvertreter/innen" befreien?

Marco Pogo: Nur eine starke Stimme für die Bierpartei wird die wahren Volksvertreter auf den Plan rufen. Wir könnten dann auch eine wöchentliche Sprechstunde machen, in einem Simmeringer Beisl. Dort kann dann jeder Bürger seine Anliegen vortragen und man hat nimmer das Gefühl, dass man von Polit-Marionetten regiert wird, sondern von echten Menschen. Dann wäre der Volksvertreter wieder der, der er sein soll.

Gegnerische Zungen könnten behaupten, der ganze Wahlkampf sei eine Werbekampagne für Turbobier - die Band und das Getränk. Wie kann man diese Behauptungen entkräften?

Marco Pogo: Wahlen sind ein viel zu ernstes Thema, um sie als Werbeaktion zu nutzen. Ich glaube, dass der Aufwand, der bis dato betrieben wurde, um die Bierpartei auf den Wahlzettel zu kriegen, so groß war, dass klar ist: Wenn es nur um Werbung ginge, hätt ich mir das nicht angetan. Die Bierpartei betreibe ich seit Jahren sehr ernsthaft. Wahlen sind kein Spaß. Das muss man ernst nehmen und kann man nicht als Werbeaktion abtun. Ich habe eher die FPÖ in Verdacht, dass die FPÖ für ihr kommendes Kabarett-Programm, dass am 30. September 2019 veröffentlich wird, hier schon kräftig die Werbetrommel rührt.

Das ist die Vorpremiere.

Marco Pogo: Ja, das ist die Vorpremiere. Ursula Stenzel macht einen kleinen Slapstick. Also ich habe eher die wahre Spaßpartei FPÖ in Verdacht...

...Stimmt, die mischt sich unter's Volk. Versucht die Jugend zu gewinnen, geht spazieren.

Marco Pogo: ...Und dann veröffentlichen sie auf einmal - patsch - eine riesengroße Hallentour mit dem Kabarett-Programm und alle denken sich: “Genial“. Hoff ma, dass's so is.

Sebastian Krämer singt im bereits zitierten Song „"Politiker können nichts dafür" auch: "Ihre armselige Prominenz ist ein einziger planloser Missbrauch von Machtlosigkeit." Wenn man an Ibiza, Wöginger, Strache, Kurz, Stenzel etc. denkt - ist es nicht auch Missbrauch von Intelligenz der denkenden Menschen?

Marco Pogo: Ja. Da ist es eine persönliche Geschichte. Als ibiza aufgedeckt wurde, war ich auf Urlaub und habe beim Laufen Sonder ZIB geschaut. Es hat mir positiv besetzte Urlaubszeit geraubt, aber Schadenfreude war auch dabei. Ja, es ist ein Missbrauch von innerer Ruhe, wenn man sich den ganzen Quargel anschauen muss. So wie die Ursula und ihre Rede. Da zuckt alles in mir zam. Das darf nicht wahr sein. Aber ich muss jetzt halt.

Sebastian Krämer singt auch noch: "Wer uns wirklich regiert ist bekannt, aber den kann man nicht mit dem Nudelholz abservieren." Identifiziert sich die BPÖ mit dieser Kapitalismus-Kritik?

Marco Pogo: Ja, aber ich gehe jetzt nicht so weit, dass man den Kapitalismus abschaffen muss. So wie das der Wandel sagt. Aber die stete Globalisierung geht mit ganz vielen Problemen der Menschheit einher. Das brisanteste und aktuellste Beispiel ist die sich anbahnende Klimakatastrophe, wo alle zuschauen, während das Dach zu brennen beginnt.

Und ein paar Rauchmelder aufstellt und sonst nix tut.

Marco Pogo: Genau, ein paar Rauchmelder aufstellt und sich dann über eine sehr mutige 16-jährige junge Frau aufpudeln. Find ich großartig, wie stark diese Frau ist. Es wären alle gut beraten, die Profitmaximierung einer gesunden Betrachtungsweise auf die Dinge der Welt unterzuordnen und nicht am Rücken derer, die sich jetzt noch nicht wehren können. Nämlich die Jungen, die nachkommen, die den ganzen Schaaß da ausbaden müssen. Es muss was passieren. Irgendwann wird’s so weit sein, dass man eh muss. Letztes Jahr auf der ersten China Tour von Turbobier waren wir in der most polluted city in the world. Ich habe drei Tage gebraucht, um zu realisieren, dass es nicht schiach und bewölkt ist, sondern, dass das Smog ist. Bis es bei uns so weit ist, geht die Welt wirklich unter. Aber in anderen Städten, in Delhi, z.B. kann man nach zwei Tagen auch kaum mehr atmen. Vielleicht muss es so schlimm werden?

Aber es ist schon schlimm genug.

Marco Pogo: Hoff ma mal, dass die Leute aufwachen.

Die Fridays for Future dürfen ja jetzt streiken. Da ist ja jetzt genehmigt.

Marco Pogo: Ich hab es gelesen. Und das dann als Schulschwänzerei abzutun. Aber das sind genau die, die wahrscheinlich am meisten Schule geschwänzt haben, weil wenn man sich eine Rede von Greta Thunberg anhört, wie hochintelligent diese Frau ist. Also die muss nicht in die Schule gehen. Alle die, die sie jetzt beschimpfen und sie ihrem Hass aussetzen: Die sollten wieder zurück in die Schule und alles nachholen, was sie versäumt haben.

Welcher Song bzw. welche Songs von Turbobier oder einer anderen Band trifft oder treffen deine Lebenseinstellung am Besten?

Marco Pogo:"Zgroße Schuach" vom neuen Album trifft am ehesten meine Lebenseinstellung. "Es gibt Sachen, die kannst da ned kaufen". Das ist am aktuellsten. Das spiegelt sehr viel wider, was ich mir denk.

Die stärkende Kraft der Musik ist wissenschaftlich bestätigt. Punkkonzerte, Rockkonzerte ... Konzerte auf Krankenschein?

Marco Pogo: Ja, wieso nicht! Es kommt darauf an, welche. Wenn du ganz Österreich zu einem Konzert von Andreas Gabalier schickst ... Ich weiß nicht, ob das für viele eine stärkende Wirkung hat. Aber ich würde sagen, ein gratis Turbobier Konzert pro Jahr für jeden in Österreich, könnte ich mir als zukünftiger Bundeskanzler sehr gut vorstellen.

Zusätzlich zum Bedingungslosen Grundfassl.

Marco Pogo: Genau. Turbobier-Konzert und Grundfassl und die Welt ist sicher eine bessere.

Kann Turbobier und die BPÖ eigentlich getrennt gesehen werden? Euer Song "Ein Mensch ist ein Mensch“"hat eine politische Aussage. Auch die Bieristische Glaubensgemeinschaft proklamiert: "Kein Bier ist illegal!"

Marco Pogo: Gut recherchiert. Das eine hat nicht primär etwas mit dem anderen zu tun. Aber wenn alles aus einer Hand kommt, dann gibt es natürlich Überschneidungen. Aber natürlich halte ich auch politische Brandreden von der Bühne aus. Aber wenn man schon vor Tausenden Menschen steht, muss man auch etwas politisches sagen. Das würde ich nicht verkraften, wenn ich die Change nicht nutzen würde, intelligente Sachen zu sagen.

Die BPÖ warnt ja eindringlich vor einer gefährlichen Droge: Arbeit. Dazu gibt es ein sehr starkes Video. Welche weiteren wichtigen Themen brennen der BPÖ unter der (Turbo)Bierflasche?

Marco Pogo: Volksdroge Arbeit ist ein großer inhaltlicher Aspekt. Natürlich die totale Verweigerung von Tätigkeit jeder Art. Die Implementierung des Null-Stunden Tags und des 7 Tage Wochenendes. Generell mehr Freude am Leben, eine hedonistischere Weltanschauung uns allen. Was ja auch oft mit dem übermäßigen Konsum an aromatischen Getränken einhergeht. Das ist der Bierpartei sehr wichtig. Bier ist eine internationale Sprache und wir begreifen, dass ausländisches Bier unseren Biermarkt nur bereichern kann, nicht die heimischen Biere in irgendeiner Art und Weise gefährdet. Also Völkerübergreifendes Biertrinken. Das ist der spirituelle Duktus der Bierpartei.

Die BPÖ bringt immer wieder satirische Photoshopkunstwerke in Umlauf. Woraus speist sich die Kreativität? Fassungslosigkeit? Wut? Bier? All das?

Marco Pogo: Ja, absolut. Ich bin (Eigenlob) autodidakter Photoshopprofi, ich bin schon ganz oben auf der Photoshopkarriereleiter.

Wie viele Sprossen gibt’s da?

Marco Pogo: Ich glaub, Level 3000, da bin ich jetzt angekommen. Es ist fast eine Sucht. Die politische Memes der Bierpartei gehen oft mit Fassungslosigkeit einher. Sonst an der Freude an der Tätigkeit. Die alternative Plakatserie der FPÖ kann man auf der Facebook Seite der Bierpartei ansehen.

Wenn ich bei der Elefantenrunde bzw. einem TV Duell eingeladen gewesen wäre, hätte ich am liebsten mit ... diskutiert, weil ...

Marco Pogo: Ich wollte tatsächlich mit Udo Landbauer diskutieren, weil ich es nicht glauben kann, dass, wenn deine Freunde im Keller Nazi-Lieder singen, dass man das oben nicht mitkriegt.
Diese Frage hätte ich ihm am liebsten selbst gestellt, aber ...

Naja, aber wenn der Text nicht einmal ganz da ist ...

Marco Pogo: Genau, für wie deppat ma die Leute eigentlich verkaufen kann... Da muss man aber sagen, dass ich Spitzenkandidat bin. Und ich kann mich jetzt nicht dazu herablassen, mit dem vierten Kellernazi von rechts zu reden. Das geht nicht. Deswegen hätte ich eigentlich am Liebsten mit Sebastian Kurz diskutiert, weil er ungefähr gleich alt ist wie ich. Und da kann man sich so schlimm duzen. Das machen sie in der ÖVP ja. Daher ist und bleibt er für mich der Sebastian.

Was hättest du dem Sebastian sagen bzw. was ihn fragen wollen? Oder anpatzen?

Marco Pogo: Er hätte gesagt, ich hab ihn angepatzt. Ich hätte ihn gefragt, ob er gedenkt, zu seinem Studium zurückzukehren. Weil: Ausbildung ist wichtig. Also, wenn ein junger Mensch seine Ausbildung so einfach wegwirft, das hat mich schon immer traurig gestimmt. Ich hätte ihm einen Bildungstipp mitgegeben. Oder Nachhilfestunden.

Wenn man die anderen Parteien durch Bands ersetzen würde, wie könnten die Bands aussehen und klingen bzw. heißen?

Marco Pogo: Die Grünen wären ganz klar eine Rastafari-Band. Jamaika-Reggae Style. Die NEOS wären wahrscheinlich ein hipper, cooler Retro-Act aus Berlin.

Von einem Start-Up finanziert.

Marco Pogo: Genau, von einem Start-Up querfinanziert. Die Neue Volkspartei wäre eine Osttiroler Gstanzlkapelle, nur aus Männern bestehend und gar nicht mal lustig.

Aber alle schön frisiert um 600 Euro.

Marco Pogo: Alle schön frisiert. Die SPÖ wäre so eine Band, die am Donauinselfest auf der Country-Bühne spielt. Wo man zufällig vorbeigeht und sich denkt: Oida, was ... Bissl in den 1970er Jahren hängengeblieben. die FPÖ wäre natürlich die John Otti Band. Was sonst! Der Pilz wäre ein Alleinunterhalter wie manchmal in Simmering am Straßenfest.

Wann hast du dein erstes Bier getrunken?

Marco Pogo: Wie alle Österreicher, mit sieben. Ich kann mich nicht mehr so genau erinnern, das liegt in der Natur der Sache. Aber es wird früh gewesen sein. Bierschaum kosten, bei den Großeltern. Aber es war sehr schön!

Was passiert, wenn der Einzug wirklich gelingt? Wird sich die Bierpartei auch gestalterisch zeigen? So wie die Partei im Eu-Parlament…

Marco Pogo: Genau. Es liegt auch in der Natur der Sache, dass, wenn man so eine Chance bekommt, was zu verändern, was zu bewegen oder was zu sagen, dann würd ich das satirisch behandeln. Aber ich glaube, man kommt dann gar nicht aus, dass man da auch was vernünftiges sagt.

Aber Satire ist Ernst. Satire ist kein Spaß.

Marco Pogo: Genau. Es ist Ernst. Ich denke, dass ich das besser könnte, als die meisten anderen. Und ich werde den Bierpartei-Followern auch noch versprechen: Ich werde die Antrittsrede im Parlament im Bierfarbenen Anzug halten. Jeder, der das miterleben will, sollte wohl die Bierpartei wählen. Entweder jetzt, oder bei einer der zukünftigen Wahlen. Bei der nächsten Wahl, werden wir garantiert weltweit antreten.

Natürlich. In Deutschland gibt es schon einen Ableger.

Marco Pogo: Da bin ich schon dabei. Die mögen ja auch Bier. Wer nicht? //

Interview und Fotos: Nadia Baha