Marianne Mendt Foto Lukas Beck

Marianne Mendt hat mit der "Glock’n", das, was man später Austro-Pop nannte, eingeläutet. Wie lange das bereits her ist, kann man nur erahnen, denn 2025 feiert sie ihren 80. Geburtstag, auch live auf der Bühne.

Marianne Mendt hat ein Album mit Wiener Liedern veröffentlicht und diverse Jazz-Alben, wie "Jazz Mendt Live", "Momendts" oder "That’s EntertainMENDT". Ihre Bandbreite ist nicht nur in musikalischer Hinsicht beeindruckend, sondern auch was ihre schauspielerischen Leistungen anbelangt, sei es als Trafikantin Gitti Schimek im "Kaisermühlen-Blues", sei es als Mörderin in "Qualtingers Wien", in Komödien wie "Dinner for two" oder als hypochondrische Mutter in "Seine Mutter und ich". Im November 2004 folgte schließlich auch noch der Startschuss für ihr MM Jazzfestival inklusive Nachwuchsförderung für junge Jazz-MusikerInnen und Jazz-VokalistInnen. Sich für den österreichischen Jazz einzusetzen, war Sängerin und Schauspielerin Marianne Mendt immer schon ein besonderes Anliegen und wollte dafür eine geeignete Plattform bieten. Diese Idee war nicht nur sehr gut, sondern überzeugte in jeder Hinsicht, da Eigenständigkeit und Qualität ein besonderes Merkmal war. "Ich möchte wirklich etwas für den Nachwuchs tun", erklärte sie mir 2004 in einem Gespräch, "vor allem was Jazz betrifft. Weil ich glaube, da kann ich ein bisschen etwas mitreden und beurteilen. Aber natürlich nicht in diesem Sinne wie das mit Starmania passiert – das finde ich grauenhaft. Wie diese jungen Leute an den Pranger gestellt werden – das ist unwürdig."

MM Nachwuchsförderung

Die Liste der Nachwuchstalente kann sich jedenfalls sehen lassen, die bei Marianne Mendt erstmals die Gelegenheit erhielten, ihr Können unter Beweis zu stellen. Der bekannteste Name ist sicherlich Ina Regen. Die meisten anderen sollten dafür einem Jazz-interessierten Publikum ein Begriff sein – bis heute, denn das MM Nachwuchsförderungsprogramm ist von nachhaltiger Natur geprägt. Hier nun eine kleine Auswahl: Marina Zettl (voc; Marina & The Kats), Àngela Tröndle (voc), Reinhold Schmölzer (dr), Simon Plötzeneder (tp), Michael Lagger (p), Lukas König (dr), Verena Göltl (voc), Sophie Hassfurther (sax), Mario Rom (tp), Maria Petrova (dr), Adrian Gaspar (p), Julia Motz (voc), Anna Maurer (p), Judith Ferstl (b), Eva Moreno (voc), Madeleine Joel (sax) … Mit der Pandemie war dann leider Schluss mit diesem Förderprogramm. Egal, welche MusikerIn man darauf anspricht: Diese Initiative von Marianne Mendt war ein bedeutender Meilenstein, da sie alle erstmals die Möglichkeit erhielten im professionellen Umfeld Erfahrung zu sammeln. Marianne Mendt: "Ich war bei etlichen Sessions dabei, wo ich aber nur gesessen bin und nur gehört habe. Und da sind 20-, 25-jährige Musiker – für mich Kinder -, die sensationell spielen. Großartig! Das ist sehr erfreulich." 

"Können Sie sich vorstellen, wienerisch zu singen?"

marianne mendt single covermarianne mendt lp cover

Die Karriere von Marianne Mendt begann im Gegensatz dazu nicht mit einem ähnlich gearteten Förderprogramm, sondern mit einer Frage, die sie gestellt bekam. Marianne Mendt: "Wasserkopf ("Aquarius") war das erste Lied im österreichischen Dialekt mit der damaligen Popmusik. Da ist überhaupt die Idee entstanden, dass man das weitermachen könnte. Das war in der Großen Glocke von Gerhard Bronner, eine Parodie auf das Musical Hair, was Peter Orthofer getextet hat und Johannes Fehring, der die musikalische Leitung von der Kabarettsendung hatte, sagte er würde gerne es 1:1 musikalisch original in der Sendung machen. Eva Pils, die Mitglied im Bronner-Ensemble war, hat gesagt, sie kann das nicht. Ich hab damals in der Fledermaus-Bar meine Standards gesungen, und da ist Gerhard Bronner zu mir her und hat gesagt – wir waren damals natürlich noch per sie [näselnd] "Können Sie sich vorstellen, wienerisch zu singen?" ... "No na, als Wienerin werd ich ja wohl wienerisch singen können" … Zwei Monate später sind wir mit der Glock’n im Studio gestanden."

Marianne Mendt 2025 Interview Foto Lukas Beck

Okay, zugegeben, das war jetzt eine sehr lange Einleitung, aber irgendwie notwendig, da ein Gespräch mit Marianne Mendt immer auch ein großer Erinnerungspalast ist. Das nachfolgende Interview mit Marianne Mendt jedenfalls entstand im Juni 2025. 

Kulturwoche.at: Sie betonen immer wieder, dass es Ihnen immer nur um Musik geht. Was macht Musik mit Ihnen? 

Marianne Mendt: Es wäre unvorstellbar, hätte ich die Musik nicht an sich, aber es geht schon in Richtung Jazz oder Jazz-ähnliche Musik, was mich wirklich berührt. Je älter ich werde, umso ungnädiger bin ich. (Lacht.) Es gibt nur gute oder schlechte Musik, wie ja schon Duke Ellington sagte. Musik ist das Lebenselixier, das mich seit Kindheit erfüllt, abgesehen natürlich von vielen anderen Dingen in meinem Leben. 

Vor fünf Jahren musste ihre große Gala pandemiebedingt abgesagt werden. Wird das nun am 1.11. im Konzerthaus Wien nachgeholt? 

Marianne Mendt: Ja und Nein. Mein Repertoire ist immer ähnlich, was meine ganzen Lieder betrifft, die ich im Laufe der vielen Jahre aufgenommen habe, aber es kommen natürlich immer wieder neue Sachen dazu. Am 1.11. ist es ein bisschen anders, da singe ich auch mit Menschen im Duett, mit denen ich eine große Verbindung habe. Fix dabei ist Conchita, 5/8erl in Ehr’n und Viktor Gernot. Er ist für mich soundso einer der besten swingenden Sänger. Ina Regen wird ebenfalls dabei sein, die ich bei meiner Jazznachwuchsförderung "entdeckt" habe. Das freut mich ungemein, dass sie mit eigenen Kompositionen so durchstarten konnte. Mit Katharina Straßer werde ich ebenfalls ein Duett singen. Sie erinnert mich zum Teil an mich selber von vor zig Jahren. Mit ihr habe ich jetzt auch einen Film gedreht, der erstmals im Herbst im ORF ausgestrahlt wird. Arbeitstitel: "Bis auf weiteres – unsterblich". 

Gab es bei Ihnen Nervosität vor Auftritten, oder gibt es die heute auch noch? 

Marianne Mendt: Das ist leider immer der Fall und wird leider immer ärger. Ich mache davor zwar kein Yoga, so wie meine Tochter, aber ich versuche mich zu beruhigen. Das ist eine blöde G’schicht’ und hört leider nicht auf. 

Das überrascht mich jetzt. Ich habe immer gedacht, dass Sie die coole Frau sind sozusagen. 

Marianne Mendt: Ja, das war ich in den jungen Jahren. Diese Unverfrorenheit, die ich gehabt habe mit 20-30 Jahren, die hätte ich gerne noch. Ich weiß nicht, was da in einem vorgeht, entweder die Möglichkeit, was passieren könnte, oder es ist die Ehrfurcht vor dem Publikum. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass die Leute zum Konzert kommen und mir zuhören. Da bin ich sehr dankbar, und diesen Respekt zeige ich auf der Bühne. Die Leute zahlen dafür und deswegen muss man auch immer das Beste versuchen zu leisten. 

Wenn man in die Jahre kommt, wird man häufig mit der Vergangenheit konfrontiert. Spielt Sentimentalität für Sie irgendeine Rolle? Alleine mit dem Begriff ergäbe es ja ob Ihres Namens ein schönes Wortspiel… 

marianne mendt momendts cd coverMarianne Mendt: (Lacht.) Eigentlich nein. Ich bin überhaupt nicht traurig oder denke zurück, wie schön das war – schöne Zeiten hat es immer gegeben. Ich denke an das Jetzt und ich denke an das Morgen, und bin mir gar nicht bewusst, dass ich eigentlich jetzt, wenn’s gut geht, bald den Achter vor mir hab. Da glaub ich manchmal, ich rede von einer anderen Person und habe nicht das Gefühl, dass es mich betrifft. Mir war das Alter immer egal, ich habe mich nie älter oder jünger gemacht. Es geht immer alles weiter und das ist gut so. 

1972 erhielten Sie Ihre erste Musicalrolle in "Funny Girl". Welche Erinnerungen daran haben Sie? 

Marianne Mendt: Jahre davor bin ich mit meiner Mutter in Wien ins Kino gegangen, um "Funny Girl" zu sehen. Und habe, das ist jetzt kein Schmäh, zu meiner Mama gesagt, "das wär’ was, das würde ich auch gerne spielen." Genau das war dann die erste Rolle, die mir im deutschsprachigen Raum angeboten wurde. Das war wirklich toll. Rolf Kutscher, der im Theater an der Wien Intendant war, kam nach Essen, wo er mich hörte und mich dann für "Das Apartment" engagierte. Dann hat sich das herumgesprochen, dass ich zusammenhängende Sätze sagen kann, und irgendwann ist der Regisseur Johannes Schaaf gekommen und hat mich für das Theater in der Josefstadt engagiert. Musik und Schauspiel lief immer parallel, und das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich bin auch der Meinung, dass man Schauspiel nicht erlernen kann. Schauspiel hast du oder hast du nicht. Es hat viel mit Musik zu tun, weil du zuhören musst. Das Miteinander, was in der Musik so toll ist, kann man auch im Schauspiel verwenden. Das hilft einem sehr. 

Interview Marianne Mendt 2025 Foto Lukas Beck

Spätestens durch Ihre Filmrolle im "Kaisermühlen Blues" 1992 bis 2000 wurden Sie nachhaltig weltberühmt in Österreich. Wie zeitgemäß ist die Gitti Schimek noch? 

Marianne Mendt: Das ist schwer zu beantworten. Man kann sie natürlich in die heutige Zeit transferieren und inhaltlich aktualisieren, aber allgemein der Typ der Menschen in der Serie hat sich nicht geändert. Viktor Frankl sagte, entweder man ist anständig oder man ist unanständig. Letztere kommen im "Kaisermühlen-Blues" zuhauf vor. Das ist relativ zeitlos. 

Gibt es ein Lieblingslied von Ihnen, das Sie veröffentlicht haben? 

Marianne Mendt: Von Cole Porter "I’ve Got You Under My Skin", im Originalarrangement von Nelson Riddle für Frank Sinatra. Hans Salomon hat das vor ca. 30 Jahren in meine Tonart gebracht. Dieses Lied liebe ich heiß und innig. Das werde ich mit der Big Band wieder live singen. Man hat so wenig Möglichkeiten es mit der Big Band und vor allem dieses typische Arrangement zu spielen. Ansonsten ist mein Repertoire viel zu groß, um ein Lieblingsalbum oder Lied zu nennen. 

Was bedeutet für Sie ein geglückter Tag? 

Marianne Mendt: Ein geglückter Tag? Aha, da muss ich nachdenken. … Dass im Alter alles klappt und nichts weh tut und dass man alles erledigt, was man erledigen wollte, nichts verschoben hat, und am Abend mit Freunden beim guten Glas Wein zusammensitzt. Ich habe und hatte viele geglückte Tage. //

Text und Interview: Manfred Horak
Fotos: Lukas Beck 

Live-Termine 2025:
12.6., Theater Meggenhofen
14.8., Burg Gars am Kamp
19.8., Burgarena Finkenstein
21.8., Kultur.Sommer.Semmering
5.9., Most & Jazz Festival Fehring
10.10., Stadttheater Gmunden
1.11., Konzerthaus Wien
14.11., Posthof Linz
28.11., Orpheum Graz

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