Jürgen Sarkiss als König Ottokar; Foto: Anja Köhler

Theaterkritik König Ottokars Glück und Ende: Ein Polit-Zirkus nach Franz Grillparzer.

Theaterkritik König Ottokars Glück und Ende

Mit Balanceakten auf Fäßern, Röhnradrolle, clownesk-bizarrem Grimassieren und Artikulieren beginnt die Inszenierung des Klassikers "König Ottokars Glück und Ende" nach Franz Grillparzer. Damit ist von Beginn an das Tempo des Abends festgelegt. Immerhin soll das Publikum knapp drei Stunden lang bei der Sache und im Vorarlberger Landestheater bleiben.

Die Bühne rockt

Musik von Beethoven bis Tom Waits, effektvolle Lichtregie und die starken Farben Schwarz und Rot sorgen ebenfalls für Spannung auf der Bühne, die mit wenigen Objekten viele Handlungsmöglichkeiten eröffnet, was das Ensemble voll ausschöpft. Johannes Lepper hat sowohl Bühne als auch Inszenierung gestaltet. Sabine Wegmann unterstreicht mit passenden Kostümen von jägergrün bis slimfit.

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König Ottokars Glück und Ende in der Gegenwart

1825 als Huldigung für die Habsburger geschrieben, ist Grillparzers Stück keine leichte Kost für die Gegenwart. Gut gestrichen und von Dramaturgin Stephanie Gräve mit Texten von Heinrich Heine und Robert Menasse ergänzt, bleiben den Klassikliebhaber/innen die bekanntesten originalen Textstellen zum Genuss, während sich die Zeitgenössler/innen an Bezügen zu H.C. Strache, Wladimir Putin, Julija Tymoschenko u.a. erfreuen. Zu starker Tobak für manche aus dem Premierenpublikum, wie die gelichteten Reihen nach der Pause zeigten.

Die glorreichen Sieben

Dem siebenköpfigen Ensemble ist die Spielfreude anzumerken. Es investiert sich voll in die insgesamt vierzehn Rollen. Jürgen Sarkiss zeigt einen auch zärtlichen, machthungrigen, größenwahnsinnigen, verratenen und verlorenen Ottokar. Überzeugend gelingt ihm die Wandlung vom hochfliegenden Sieger zum am Boden zerstörten, gedemütigten Verlierer. Standesgemäße Würde und Haltung bewahrt hingegen Sinikka Schubert als Margarethe von Österreich. Sie ist Ruhepol in all den Wirren, eine Habsburgerin eben. Felix Defèr, vom Krieger zum grotesk-clownesken mutierender Zawisch, kann vor lauter Spiellust kaum an sich halten, bleibt dabei aber immer präzise und professioneller Ensemble-Spieler. Er, Luzian Hirzel (Merenberg e.a.) und Lisa Hofer (Kunigunde) tragen viel zum Zirkusflair bei. David Kopp wandelt sich gelungen von Ottokars Kanzler Ölmütz zum habsburgtreuen Füllenstein.

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Blutrotes Schlachtfeld

Der Rückgriff auf Klassiker zeigt oft an, dass große Fragen verhandelt werden sollen. Derzeit beschäftigt Europa die kommende Wahl, Brexit, Demokratieabbau, Populismus und Rechtsruck. Der Rückblick auf die Europäische Geschichte mit all ihren sich dauernd ändernden Grenzverläufen, Verbündeten und Kriegsparteien, exemplarisch dargestellt anhand König Ottokar und dessen listigem Kontrahenten Rudolf von Habsburg (Hansa Czypionka), wäre graphisch dargestellt ein dichtes Netz schwarzer Grenzlinien und ein einziges blutrotes Schlachtfeld. //

Text: Ruth Kanamüller
Fotos: Anja Köhler

 Jürgen Sarkiss als König Ottokar; Foto: Anja KöhlerKurz-Info:
Theaterkritik König Ottokars Glück und Ende nach Franz Grillparzer
Vorarlberger Landestheater, Grosses Haus

Inszenierung und Bühne: Johannes Lepper
Kostüm: Sabine Wegmann
Licht: Simon Tamerl
Dramaturgie: Stephanie Gräve

Mit: Hansa Czypionka, Felix Defèr, Luzian Hirzel, Lisa Hofer, David Kopp, Jürgen Sarkiss, Sinikka Schubert

Premiere: Sa 4. Mai 2019, 19.30 Uhr
Termine: Di 7.5. / Do 16.5. / Mi 29.5. / So 2.6. / Fr 7.6. / Sa 22.6., 19.30 Uhr, Grosses Haus