grasel_wald4tler-hoftheaterWenn heute das Waldviertel nicht nur für seine Ruhe sondern ebenso für sein reges Kulturleben bekannt ist, dann ist das untrennbar mit dem Wald4tler Hoftheater verbunden. Thomas Samhaber sprach mit dem Autor, Schauspieler und Regisseur Hakon Hirzenberger über das Stück "Räuberhauptmann Grasel", das eben dort aufgeführt wird.

Die Vorgeschichte zum Wald4tler Hoftheater: Im Jahr 1986 setzten ein paar "Theaternarrische" (so die Eigendefinition) wie Harry Gugenberger, Schauspielerin Stella Hierländer, Reinhold Hartl-Gobl, Wolfgang Böck und einige andere eine waghalsige Idee in die Realität um. Im kleinen Ort Pürbach im nördlichen Waldviertel gründeten sie ein professionelles Theater. Der alte Bauernhof ursprünglich als privater Rückzugsort erworben, ist längst einer der meist frequentierten Kunstplätze des Landes Niederösterreich. Und das hat seine guten Gründe, weil die Theaterbetreiber immer die Region mitgedacht und mit beworben haben. So wie die Region unverzichtbarer Teil des Markennamens Wald4tler Hoftheater ist, so wurde das Theater zum unverzichtbaren Imageträger des Waldviertels selbst.

Kulturwoche.at: Das Wald4tler Hoftheater spielt in der Saison 2008 das von Ihnen geschriebene und inszenierte Stück "Räuberhauptmann Grasel". Was hat Sie am Stoff interessiert?

Hakon Hirzenberger: Die Widersprüchlichkeit. Grasel begegnet uns in den Erzählungen, in der Volksliteratur als Held, wird hochstilisiert zu einem Robin Hood des Waldviertels. Ich habe mir 1800 Seiten Gerichtsakten, in die mir die Graselwirtin dankenswerterweise Einblick nehmen hat lassen, durchgearbeitet. Da entsteht ein völlig anderes Bild.

Welches Bild entsteht und was hat das mit heute zu tun?

Ich sehe in Grasel vor allem den Menschen, der unter Orientierungslosigkeit, Mangel an Alternativen leidet. Es gibt auch heute noch viele Grasels. Menschen, die nicht als Kriminelle geboren sind. Aber in einem Umfeld und unter Bedingungen aufwachsen, wo einfach Perspektiven fehlen. Vielen Jugendlichen geht es heute so. Die Möglichkeiten das eigene Leben zu gestalten, sind oft nicht vorhanden oder werden nicht gesehen. Das hat natürlich sehr viel mit Bildung zu tun. Und wenn die Perspektive fehlt, wird der eigene Freiheitsdrang oft im Überschreiten der gesellschaftlichen Grenzen ausgelebt.

Warum hier im Wald4tler Hoftheater?

In keinem anderen Theater in Österreich wäre dieses Projekt für mich möglich gewesen, denn nirgends hätte ich dieses wirklich hervorragende Ensemble zusammensetzen können.

Wie ist das ein Stück zu schreiben und selbst Regie zu führen?

Ich gehe als Regisseur mit dem Text genauso um, als hätte diesen eine anderer geschrieben. Das heißt, da wird gestrichen, gekürzt, umgeschrieben. Es muss auf der Bühne im Moment funktionieren, in jeder Sekunde glaubwürdig sein.

Sie überraschen das Publikum mit einer sehr modernen Fassung des Grasel Stoffs, im Untertitel ist auch die Bezeichnung Doku-Thriller zu lesen.

Ich habe mich nicht an anderen Grasel Stücken orientiert, sondern nur an den Quellen und versucht diese Figuren authentisch auf die Bühne zu bringen. Authentisch heißt für mich aber nicht beim historisches Kostüm stehen zu bleiben. Sondern Fragen auch in einen aktuellen Zusammenhang zu stellen. Es wird gesungen, es ist berührend, dann wieder aggressiv und irritierend. Jedenfalls nicht verklärend.

Welches Publikum spricht ihr Stück an?

Ich denke ein großes. Natürlich Geschichtsinteressierte, Fans des Hoftheaters, Theaterinteressierte an sich und ganz viele junge Menschen, denn Grasel und seine Gang waren Jugendliche, er war bei seiner Hinrichtung erst 28 Jahre alt. //

Interview: Thomas Samhaber
Foto: Hart-Gobl

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