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Rhythmus. Und retour. Das Lifestyleaccessoir Weltmusik lässt grüßen.ohrentrips_teaser

 

Wale beobachten. Den Sound der Tiefe hören. Aus den Geleisen ins Unbekannte. Rhythmus. Und retour. Den Ruf der Albatrosse folgen. Die alten Geschichten hören. Songlines. Spurensuche. Die Welt ist Klang, die Reise das Ziel. Oder aber: Waun mi des Reisebüro ned vermittelt hätt'. Flughafen. Check-In-Schalter. Bahnhofshalle. Abfahrt in fünf Minuten. Bushaltestelle. Staubige Landstraße. Und. Oder. Musikreiseführer. Reiseinspirationsmusik. Musik als Begleitung zur Schärfung der Sinneseindrücke. Inselmusik. Musik fürs Festland. Global Music. Erdentanz. Und. Oder. Die Reise kann beginnen.

Das Lifestyleaccessoir Weltmusik ist ein alles in sich aufsaugender Schwamm für alle Altersklassen und Sozialschichten. Ein verkaufsfördernder Begriff, der längst dem billigen Stehplatz entwich und in der Direktorloge Einzug fand. Traditionelle Musiken charakterisieren ihr jeweiliges regionale Umfeld und verändern ihre Tradition, in dem sie sich mit der populären globalen Musikkultur auseinandersetzen und beides melangieren. World Music sind aber auch die tonträgergewordenen Feldforschungen ethnologischer Puristen. Hausmusikantenverewiger.

bhangra_schatten World Music ist ein musikalisches Konzept, östliche und westliche Hemisphäre vereinigend, das erstmals 1905 von Georg Capellen (1869-1934) formuliert wurde. Der Tango-Boom in den 1920er Jahren war in gewissem Sinne der erste World Music-Trend. Lifestyle pur ist gegenwärtig die Integration afrikanischer und indischer Folklore-Elemente in die Popmusik und in den Jazz. Das Plattenlabel „World Music Network“ versammelt all dies, vielleicht sogar noch mehr, in ihrem tonkonservierten „Music Rough Guide“, das ergänzend auch in Buchform mit dem Titel „Rough Guide. Weltmusik.“ erschien, in dem über sechzig Autoren landestypische Musikformen aus mehr als siebzig Ländern Musikstile wie Soukous, Cajun, Calypso, Qawwali, etc. beschreiben. Musikstile aus Ländern und Regionen, die in dieser vielteiligen Compilation natürlich auch vertreten sind, und zwar in all ihren Vermengungen und puristischen Wiedergaben. Kosmopoliten werden diese Serie schätzen, andere... aber lassen wir das.

okinawaEin Highlight von vielen ist die CD mit dem musikalischen Thema „Okinawa – Island Rhythms and Songs: Sanshin and Shima Uta“, frei nach der Songline in “ Going back to Okinawa” von Ry Cooder , „ Folks in Okinawa sure have fun/They get together when the working day is done/Drinking cheap wine and making romance/While some old man's doing the Okina dance“, das ungemein vielfältiges und erstaunlicherweise gar nicht mal so viel puristisches zu Gehör fördert. Die okinawaische Musik sprüht jedenfalls nur so vor Charme. Darauf enthalten sind – das gilt im übrigen für jede CD in dieser Serie – Hits und Standards. Allesamt bereits veröffentlichte Lieder, was Kenner und Sammler von bestimmten musikalischen Regionen unter Umständen den Kauf verleidet. Jede CD ist mit einem sehr aufwendigen Booklet ausgestattet, das neben Photos auch Informationen zu jedem Künstler und jedem darauf enthaltenen Song bietet – so auch, worauf der Song im Original enthalten ist. Recht witzig, wenn vielleicht auch sehr trendy ist „Bhangra – One Way Ticket to British Asia“. Der Titel ist bereits klug gewählt, denn genau das ist darauf zu hören. Steil! Diesem Musiktrend schließt sich auch „Arabesque – Arabic Electronica: Traditional Roots meet Modern Beats“ an, was allerdings nur halb so spannend klingt wie die Bhangra-Musik. Vertraut und unkitschig, also sehr gelungen, ist das Musikportrait über Griechenland mit dem Titel „Rembetika and Folk Songs of the Near East“ und Gesangszeilen wie “ Enge, enge Gassen, in denen Mädchen Murmeln spielen ” , wobei aber auch – entgegen dem Titel - jazzige Töne darauf zu vernehmen sind. Vertraut tönt natürlich die Compilation über Slowenien, Italien, Frankreich, Deutschland, Schweiz und Österreich – zusammengefasst unter dem Titel „Alpine Cool: The Real Sound of Music“. Vertreten sind u.a. Zabine, Attwenger, Deishovida, Broadlahn, Otto Lechner & Klaus Trabitsch und die grandiose Anarchie von Ringsgwandl mit Textzeilen wie „ Wenn am Wochenende alle Arschlöcher/wuid ins Land nausbrecha/gibts an Autostrom als wie der Nil/und mittendrin unser Wohnmobil “ (aus: „Heavy Metal Landler“).

Wer sich nicht jede Compilation leisten will oder kann, dem sei in jedem Fall der Kapverdische Beitrag ans Herz gelegt: „Cape Verde – Morna, Funáná, Coladeira: Music of Sweet Sorrow“ überzeugt von allen bisher erschienenen CD's aus der „Music Rough Guide“-Serie am meisten. Ein Gustostück folgt dem Anderen. Eine Perlenschnur, aufgefädelt mit den wertvollsten Perlen was Lüster, Oberfläche, Form und Größe betrifft. (Manfred Horak)

Reisehörtipp:
Diverse Interpreten aus aller Welt - Music Rough Guide (World Music Network/Lotus)