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Im Rahmen des Osterklangs 2007 hatte am 4. April Gerhard Krammers Oratorium ...il faut imaginer... im Wiener Odeon Premiere. Die zentralen Fragen, denen sich der Komponist stellt sind die essenziell menschlichen Fragen  – grenz- und zeitüberschreitend. Es sind Fragen über den Anfang und das Ende von allem, Liebe, Fantasie und Hoffnung. Geschickt unterstreicht Gerhard Krammer die Fragen, die er stellt mit der Instrumentierung. Zum Anfang passend, zum Impuls, nur Stimmen (Ur-Schrei), alles flimmert und flirrt – also ein elektronischer Klangteppich. Das Oratorium besteht aus acht Teilen – vom Anfang bis  zum Finale. Jeder Teil hat eine bestimmte "Aussage" und steht für ein Gefühl oder den Text selbst. Zusätzlich zu den Musikalischen Welten, die erschaffen und wieder zerstört werden, flicht Krammer auch literarische Texte in seine Komposition ein. Der Komponist arbeitet sehr oft mehrsprachig und interdisziplinär. So auch in seinem Oratorium ...il faut imaginer... .

Zitiert werden u.a. Camus, Sappho, Keats, Bhagavadgita, Hölderlin. Im achten Teil des Oratoriums "Litanei der Unmenschlichkeit" werden aus den "Auschwitzer Sterbebüchern" alle Namen der ermordeten Roma verlesen. Vom liebesfähigen Menschen zur "mordenden Bestie". So weit führt uns Gerhard Krammer mit seinem Oratorium und noch ein Stück weiter –  bis zur Menschlichkeit. In seinem Leitfaden "Wie geht man an ein/dieses Oratorium heran?", beschreibt Gerhard Krammer seine Visionen und Ideen zum Oratorium. Hier sind die Gedanken zu Teil drei, Teil fünf und Teil acht, dem Finale,  die ich bei der sprachlichen Kraft und bei dem Ideenreichtum   keinesfalls vorenthalten möchte:

III
würfel. dem zufall überlassen. eine form von „los-lassen“. eine reminiszenz an das chaos. verstärkt durch die lautsprecher. holzwürfel. waren mal bäume. baumstämme in schnee. „denn alles fleisch, es ist wie gras.“ es entstehen tiere, pflanzen. die bäume. deshalb auch nur holzige instrumente, kein blech. gegen schluss ein spielzeugklavier. alles nur schschschsch – ein NNNNN- b aaaa – RRRRRRR ...

V
endlich die liebe, das essentielle, das sinnstiftende, das illusionsschaffende, das grausame, das alles. die liebe ist weiblich. und sehr intim.  nur zwei instrumente treten dazu – bassklarinette und viola. singen wir über die liebe!

VIII
finale – kurz wie der anfang – echo des urknalls – kosmische hintergrundstrahlung. und dann das , wozu der mensch fähig ist. töten, morden, vernichten. eine nameslitanei  von in auschwitz ermordeten roma aus meinem heimatdorf. (...)als fast nichts mehr da ist – das einzige wort: „heureux“ – „glücklich“. als credo für die menschlichkeit. Gerhard Krammer  

Für alle, die jetzt wissen, was sie versäumt haben ... verzweifelt nicht! Der ORF überträgt die Uraufführung von ...il faut imaginer... am 11. Mai 2007 auf Ö 1 in  Zeit-Ton um 23.05 Uhr. (Nadia Baha)

Infos zur Aufführung:
Musik: Oratorium ...il faut imaginer... 
für Soli, Chor, Kammerensemble und Elektronik
Komponist: Gerhard Krammer
Musikalische Leitung: Johannes Kalitzke
Kammerensemble des Radio-Symphonieorchester Wien
Wiener Kammerchor (Leitung : Michael Grohotolsky)
Live-Elektronik: Gerhard Pimperl
Sopran: Gabriela Bone
Bariton: Mathias Hausmann

Link-Tipp:
www.krammer.cd