Anna Depenbusch live in Wien 2025

Die aus Hamburg stammende Liedermacherin Anna Depenbusch gastierte am 16. Oktober 2025 in Wien, und gab im Theater Akzent ihr Konzert-Debüt in Österreich.

Es gibt Konzerte, die vergisst man nicht so schnell, jenes von Anna Depenbusch ist solch eines. Die Sängerin und Pianistin wurde herzlich empfangen und mit Standing Ovations verabschiedet, zwischendurch gab es ein Geburtstagsständchen zu ihren Ehren, denn schließlich hat ja jeder Mensch irgendwann Geburtstag, Anna Depenbusch an diesem Tag. Gemeinsam mit dem Kaiser Quartett spielte sie Lieder aus ihren bisher erschienenen fünf Alben, "Ins Gesicht" (2005), "Die Mathematik der Anna Depenbusch" (2011), "Sommer aus Papier" (2012), "Das Alphabet der Anna Depenbusch" (2017), sowie "Echtzeit" (2020). Letzteres ist insofern besonders interessant, da es sich um einen Vinyl-Direktmitschnitt handelt, aufgenommen in den altehrwürdigen Emil Berliner Studios und veröffentlicht in einer Einmalpressung auf dem eigenen Label Liedland Records. Ein weiteres Album, aufgenommen mit dem Kaiser Quartett, war bereits fertig, als im Februar 2025 ihre Wohnung und ihr Studio einem Brand zum Opfer fiel und Anna Depenbusch selbst gerade noch gerettet werden konnte. Trotz alledem reifte der Entschluss ab Mai 2025 auf Tour zu gehen, die in Wien nun ihren Abschluss fand. Passender Titel der Tour: "Zwischen Liebe und Kummer".

Das Gefühl des geglückten Moments

Das Wien-Publikum lernte hier eine sehr sympathische Musikerin kennen, die mit viel Geschick rund um ihre Lieder Geschichten zu erzählen weiß. Mit einem sehr jungen Lied ("Tag im Mai") begann sie das Konzert, mit einem ihrer ältesten Lieder ("Heimat") hingegen beendete sie das reguläre Konzert. Ihre Gesangsstimme ist wie Zuckerwatte, manchmal auch wie ein Sturm auf hoher See, sie ist Chansonniere und sie kann den Blues. Sie hat ein Augenzwinkern in ihrer Stimme (wie auch immer das funktioniert) und vor allem eine Unbekümmertheit in ihrer Darbietung, die sie hoffentlich noch lange behält. Wenn Anna Depenbusch sich selbst am Klavier begleitend ihre Geschichten singt, dann ist das Gefühl des geglückten Moments sehr nah. Den Zauber, den sie in ihren Liedern eingefangen hat, schwebt mit Leichtigkeit durchs Publikum und setzt sich mit den schönen Melodien fest, während sich die einzelnen Wörter und Strophen verankern.

Seelenlandschaften und Klanggestirne

Die Geschmeidigkeit und lustvolle Intensität wurde an diesem Abend mit dem Kaiser Quartett erhöht. Neben der Darbietung in Vollbesetzung erhielt das Kaiser Quartett zusätzlich Raum, um Stücke aus dem aktuellen Album "Empire" (2023) zu präsentieren. Amanda Bailey (Violine), Jansen Folkers (Violine), Ingmar Süberkrüb (Viola) und Martin Bentz (Violoncello) kollaborierten bereits mit internationalen Größen wie Jarvis Cocker, Chilly Gonzales, sowie Anna Ternheim auf dem großartigen Album "A Space For Lost Time", um nur einige wenige zu nennen. Die Zusammenarbeit mit Anna Depenbusch erweist sich als dermaßen logisch und wirkungsvoll, wie sie nur sein kann. Im gemeinsamen Spiel passt alles perfekt, das Timing und der Humor, die Seelenlandschaften und die Klanggestirne. Diese Dreifaltigkeit – Anna Depenbusch solo, Lieder in Vollbesetzung und das Kaiser Quartett ohne der Sängerin tat dem Spannungsbogen des Konzerts sehr gut.

Anna Depenbusch live im Theater Akzent in Wien 2025

Satirisch. Orgiastisch. Gefühlsecht.

Anna Depenbusch und das Kaiser Quartett bekamen letztlich das zurück, was sie dem Publikum gaben, Freude und Dankbarkeit. Unmittelbare Gefühle und Entschleunigung stehen im Zentrum ihrer Lieder. Es sind Momentaufnahmen persönlicher Empfindungen, die sie bisweilen in die Abstraktion führt. Die Ich-Perspektive verschiebt sich oft in die dritte Person, und Liebe, ach ja, die Liebe, wird sehr wechselhaft besungen. Satirisch. Orgiastisch. Gefühlsecht. Da wäre z.B. ihr Lied über Benjamin, deren rein zufällige Ähnlichkeiten ob der Erzählweise uns Wiener:innen an "Heasd Karli Du Bist A Wahnsinn" (1990) von Georg Danzer erinnern. Und dann gibt es natürlich auch noch ihr "Tim liebt Tina", das vom Publikum gefordert wurde. Depenbusch meinte nur, "na, gut", setzte sich ans Klavier und sprühte den witzigen Liedtext zur aller Freude in den Konzertsaal hinein. Nicht ganz unpassend heißt es schließlich im Refrain: "Die Liebe hält was sie verspricht".

Zusammenhalt des Lebens

Die Lebendigkeit in ihrer Poesie nimmt bisweilen gänzlich andere Charakterformen an, dann, wenn es nicht offensichtlich um Liebe und ihre Ver(w)irrungen, sondern um den großen Zusammenhalt des Lebens geht, Physik. Während sich die Metaphysik mit grundlegenden, nicht-empirischen Fragen beschäftigt, verwendet die Astrophysik physikalische Prinzipien, um den Kosmos zu erklären. In "Engel" befasst sich Anna Depenbusch mit den abstrakten Fragen über die Natur der Realität, über die Existenz und dem Sein. In "Astronaut" wiederum singt sie über die Schwerelosigkeit der Ferne, der Sterne, "Und weil sich nichts für Dich lohnt / Fühlst Du Dich unbewohnt / Und so dunkel und kalt – wie der Mond". Zwei wunderschöne Oden an die Verletzbarkeit des Menschen. "Astronaut" deklarierte Anna Depenbusch als ihr persönliches Lieblingslied von sich, und ihr "Engel" handelt von einem Schutzengel, inspiriert von einem kleinen Jungen, wie sie einleitend ausführlich erzählte.

Anna Depenbusch und das Kaiser Quartett 2025 live in Wien

Was gute Liedermacher:innen ausmachen

Die Liedermacherinnenkunst von Anna Depenbusch findet ihren Halt in der Zeitlosigkeit, das merkte man in jeder Hinsicht sehr gut beim Wien-Konzert, denn egal ob ein Lied vor 20 Jahren entstand oder deutlich jünger ist, weder inhaltlich noch in musikalischer Hinsicht sind irgendwelche Altersspuren oder Zeitgeister erkennbar. Das ist es schließlich auch, was gute Liedermacher:innen ausmachen, und Anna Depenbusch ist definitiv eine davon. Wann immer sich die Möglichkeit bietet: Anna Depenbusch (mit oder ohne Kaiser Quartett) live zu erleben, sollte nicht verabsäumt werden. //

Text und Fotos: Manfred Horak

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