Vom inneren Bedürfnis ausgehend von "Van Morrison Duets: Re-Working the Catalogue", den Gesamtkatalog von Van Morrison hören zu müssen berichtet Manfred Horak.

Das Fachmagazin Rolling Stone erklärte VM 1993 als simply one of the greatest singer-songwriters alive, in diesem Jahr wurde er auch in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen und in diesem Jahr erschien mit "Too Long in Exile" zudem ein Album von VM, das zwiespältige Gefühle auslöste, obwohl es darauf Duette mit John Lee Hooker gab und er erneut mit Georgie Fame einen kongenialen Partner an seiner Seite hatte. Dennoch markierte dieses Album eine neue Ära im Output von Van Morrison, da er sich erstmals musikalisch und lyrisch selbst zu zitieren begann. Ein Album wie ein Stillstand und nur noch selten gelang es ihm seither wirklich großes abzuliefern wie die Ausnahmealben "Tell Me Something: The Songs of Mose Allison" (1996; eigentlich kein reines VM-Album, da auch Mose Allison, Georgie Fame und Ben Sidran Lead Vocal Parts übernahmen), "The Healing Game" (1997), Magic Time (2005) und Born To Sing: No Plan B (2012). Dazwischen, und das war bis dahin nie der Fall, lieferte Van Morrison gute, aber unterm Strich mittelmäßige Alben ab, bisweilen sogar echte Nieten wie "The Skiffle Sessions - Live In Belfast 1998" (2000; mit Lonnie Donegan), "You Win Again" (2000; mit Linda Gail Lewis) und "Pay the Devil" (2006). Kurzum: Es ist eigentlich schon lange her, dass man sich uneingeschränkt auf ein neues VM-Album freuen konnte.

Und jetzt also die Gegenwart. Ich habe mit "Van Morrison Duets: Re-Working the Catalogue" bereits unzählige Stunden verbracht und bin immer noch überwältigt. Letzten Endes ist es ein ganz spezielles Album geworden, eines, das zwar keinen neuen Song beinhaltet, dafür aber ist jedes Lied (die meisten davon live im Studio) neu eingespielt worden, neu erarbeitet, mit 16 Duett-Partnern, fünf Frauen, elf Männer. Darunter etliche Songs, die bereits in der Originalversion Meilensteine sind und in der Re-Working-Version fast durchwegs mithalten können. Als Einstieg hören wir ein Duett mit dem am 27.6.2014 verstorbenen Bobby Womack und dem genialen "Some Peace Of Mind" aus einem der wunderbarsten Alben von Van Morrison, "Hymns To The Silence" (1991), gefolgt vom Duett mit der Blues- und Soulsängerin Mavis Staples und der Erneuerung des Klassikers "If I Ever Needed Someone" aus dem Album "His Band And The Street Choir" (1970), das gleichzeitig das älteste Lied des Albums ist, aus den 1970er Jahren gibt es sonst nur zwei weitere Songs, das geniale "Streets of Arklow" (aus "Veedon Fleece", 1974) mit Mick Hucknall (Simply Red) und "The Eternal Kansas City" (aus "Period of Transition", 1975) mit dem grandiosen Gregory Porter. Beides Songs, die sich etwas abheben von allen anderen Beiträgen und letzteres weist in der Gestaltung sogar eine gewisse Exzentrik auf.

Schwache Beiträge wie z.B. "These Are the Days" mit Natalie Cole sind rar und generell muss man halt sagen, dass einige Duett-Partner wie Michael Bublé neben VM schlicht und einfach verblassen. Am meisten profitieren hier die Neueinspielungen von den Liedern "Whatever Happened to PJ Proby" im Duett mit PJ Proby (Erstveröffentlichung auf "Down the Road"; 2002), sowie "Get On With the Show" mit Georgie Fame (Erst-VÖ auf "What's Wrong With This Picture?"; 2003) und "How Can A Poor Boy?" mit Taj Mahal (Erst-VÖ auf Keep it Simple; 2008). Songs, die im Original kaum übers Mittelmaß hinausgingen und hier nun zu echten Killern werden. Und dann noch die Gesangsperformance von PJ Proby und Taj Mahal. Zum Niederknien!

Andere Neuinterpretationen wiederum wurden im Vergleich zum Original deutlich geglättet, da ist es halt dann Geschmackssache, ob man sich "Wild Honey" vom überirdischen Album "Common One" (1980) im Original oder auf "Duets" mit Joss Stone anhört. Letzten Endes völlig egal, weil man dieses Lied unbedingt kennen sollte. Schlichtweg atemberaubend sind die Duette mit George Benson ("Higher Than The World" aus dem Album "Inarticulate Speech of the Heart"; 1983) und mit der hierzulande leider wenig Bekannten Clare Teal ("Carrying a Torch" aus dem Album "Hymns to the Silence"; 1991). Letztere sorgt für echte Gänsehaut-Momente, wenn VM sie auffordert zu singen und sie dann loslegt. Genial schließlich auch das Duett mit Tochter Shana ("Rough God Goes Riding" aus dem Album "The Healing Game"; 1997), etwas hinter den Erwartungen und Möglichkeiten zurück hingegen die Beiträge mit Steve Winwood, Mark Knopfler und Chris Farlowe. Zu keinem Duett kam es leider weder mit Kevin Rowland (Dexys) noch mit Bob Dylan, mit letzterem gibt es ja zumindest das legendäre Zusammentreffen auf den Hügeln über Athen. Beide wären logische Kandidaten für dieses Album gewesen. Wie auch immer: Für Neueinsteiger in den Musikkosmos von Van Morrison ist das vorliegende Album ein Glücksfall, vor allem um auf den Geschmack zu kommen, in weiterer Folge auch seine originalen Großtaten kennenzulernen. Ihr werdet es nicht bereuen. //

Text: Manfred Horak
Foto: RCA

Van Morrison Duets: Re-Working the Catalogue
Musik: @@ bis @@@@@@
Klang: @@@@@@
Label/Vertrieb: RCA Records / Sony Music (2015)