violetta-parisini-11-10-1Von der DJane zum Pop-Star. Nachdem Violetta Parisini in den letzten Jahren die Club-Szene in Österreich und Umgebung als singende DJane bereiste, hat Sie begonnen, eigene Songs zu schreiben. Daraus resultierte ihr CD-Debüt "Giving You My Heart To Mend". Robert Fischer traf die leidenschaftliche Radfahrerin im Cafe, um mit ihr über The Beatles, gutes Songwriting und ihre tolle Live-Band zu sprechen.

Kulturwoche.at: Du hast mal erwähnt, dass du The Beatles sehr magst. Was ist dein Lieblingssong der Fab Four?

Violetta Parisini:  Da gibt's ein paar. "Your mother should know" liebe ich. Das ist zwar vom Text nicht so umwerfend, aber die Melodie ist toll und ich mag es einfach so vom Spirit. "All you need is love" ist auch extrem großartig, weil es so einfach ist und so klar und auch so superschön produziert. Das baue ich auch immer wieder in meine DJ-Sets ein. Da stehe ich sehr drauf. Aber ich mag auch die ersten beiden Alben sehr. Da ist z.B. "Twist & Shout" drauf. Das waren die ersten Alben der Beatles, die ich überhaupt gehört habe und darüber hinaus für mich auch die erste Begegnung mit Pop-Musik. Außerdem entdeckt man ja immer wieder neue Beatles-Lieder, die man liebt.

Du hast schon einige länger Aufenthalte im Ausland hinter dir, warst z.B. in den USA und in Australien. Wie hat das dein Songwriting beeinflusst?

Violetta Parisini: Sicher ganz stark von der Sprache her. Jedes Mal, wenn man alleine woanders ist, hat man auch eine gewisse Erfahrung von "Fremd-Sein" und Einsamkeit, die einen natürlich inspiriert. In dem Moment, in dem man niemanden hat, dem man seine Sorgen erzählen kann, schreibt man. Obwohl alle Songs, die jetzt auf meinem Album sind, erst nach den Auslandsaufenthalten entstanden sind. Aber ich habe in diesen Zeiten einfach so viel geschrieben, viel Textmasse produziert, und manchmal wenn ich das jetzt im Nachhinein lese, denke ich mir: "Ah, da ging es mir so und so". Aus solchen Sachen kann dann schon wieder die Inspiration für einen Song entstehen. Manchmal habe ich auch so Phasen, das war z.B. in New York ganz stark so, da habe ich nur einzelne Sätze aufgeschrieben. Und aus diesen einzelnen Sätzen finden sich viele in meinen Songs wieder.

Was macht für dich einen guten Song aus?

Violetta Parisini: Gute Frage, da könnte ich jetzt sicher zwei Stunden darüber reden! (schmunzelt). Es gibt zwei Dinge, die ein guter Song normalerweise tut. Das erste ist, er berührt dich und das zweite ist, er gibt dir zu denken. Natürlich gibt’s verschiedene Arten von Songs, auch auf meinem Album. Es gibt die "Storytelling"-Songs, da erzähle ich eine Geschichte und das ist natürlich total schön, weil da kann man lustig sein und traurig sein und die Geschichte zu einem Bogen spannen. Und dann gibt's andere Songs, die kommen eher aus einem Gefühl und sind als Geschichte nicht klar erkennbar, aber transportieren trotzdem ein gewisses Gefühl. Für die erste Kategorie wäre auf meinem Album sicher "Favourite Friend" ein gutes Beispiel, für die zweite "On The Run". "Favourite Friend" ist einfach eine Geschichte, die erzähle ich und natürlich ist das Thema diese Einsamkeit im Glück, die man trotzdem hat und das ist sicher ein Thema, das ganz viele Menschen potenziell ansprechen kann, aber es ist verpackt in dieser kleinen, feinen Geschichte. Während bei "On The Run" da steht natürlich auch eine Geschichte dahinter, aber sie ist nicht so klar erzählt, es gibt kein Subjekt etc., aber dafür ist die 'Message' im Refrain ganz klar. "Always On The Run" - ein Satz, und wir kennen uns aus. Es ist schon schön, wenn man sich verständlich macht in einem Song! Das ist wichtig, wobei natürlich auch, wenn man diese Songwriting-Kunst wirklich gut beherrscht, dann kann man das wahnsinnig poetisch und kompliziert machen, und sich trotzdem noch verständlich machen. Dazu kommt, dass jeder Song von jedem Menschen verschieden interpretiert wird. Bei "On You" kam mal z.B. jemand zu mir und hat gesagt: "Das ist schön, dass du einen Song über Schüchternheit geschrieben hast!" Da dachte ich nur: "Aha, echt? Arg!" Aber das hat eben auch seine Berechtigung.

Gab es während der Aufnahme-Sessions zu "Giving You My Heart To Mend" einen Song, der eine richtig 'schwere Geburt' war?

Violetta Parisini: (denkt lange nach) Schwere Geburten gab es viele, aber so spontan fällt mir nur ein Song ein, der eben gar keine schwere Geburt war, den wir innerhalb von drei Tagen produziert haben, und das war lustigerweise "On The Run". Ich weiß nicht genau. "Stop" war nicht so einfach, weil wir uns ganz am Ende der Entwicklungsphase entschieden haben, was ganz anderes draus zu machen. Die Originalversion ist nur Klavier und Stimme, und dann sind wir im Studio gestanden, haben geklatscht und am Boden gestampft und das alles aufgenommen. [Das Ergebnis war eine sehr rockige Version, die jetzt auch am Album zu hören ist. Anm.]

In welcher Art war dein Produzent Florian Cojocaru wichtig bei der Produktion?

Violetta Parisini: Ich glaube, obwohl er wahrscheinlich lachen würde, wenn er das hört, weil er sich selbst nicht so empfindet, 'Cojo' war für mich das ordnende Element, in meinem total zerfahrenen kreativen Universum, wo alles möglich ist und manchmal nichts passiert, weil immer alles möglich ist. Ich sehe immer so viele Möglichkeiten, dass ich mir schwer tue, mich für eine zu entscheiden, weil ich mir dann immer denke: "Uh, war das jetzt das Richtige?" Übertrieben gesagt, denke ich manchmal bei jedem Satz immer fünfmal nach, ob das was ich da sage, auch richtig ist, während andere Künstler freier sind und einfach drauflos reden. Das hat auch eine gewisse Qualität. Auch bei den Konzerten ist es ganz unterschiedlich. Manchmal fühle ich mich gut, rede einfach drauflos und alles macht Sinn und ist irgendwie rund, während ich an anderen Abenden so in meinen eigenen Gedanken verloren bin, dass ich dann zwischen den Songs lieber weniger rede.

"Giving You My Heart To Mend" ist jetzt bei Universal erschienen. War es eigentlich immer schon ein Ziel von dir, dein Debüt bei einer großen Plattenfirma unterzubringen?

Violetta Parisini: Nein, überhaupt nicht. Das war ein Zufall im wahrsten Wortsinn. Ich kenne Clemens Dostal, der jetzt mein A&R-Mann ist, schon sehr lange. Als wir das Album produzierten, habe ich ihn immer wieder zu Konzerten eingeladen. Obwohl er damals an meiner Musik nur mäßig interessiert war, kam er trotzdem alle paar Monate wieder, um sich anzusehen, wie wir uns entwickelt haben. Dann hatten wir ein Konzert am 'Badeschiff', wo Clemens seinen Kollegen Harry Gruber [Chef von Emarcy, der Jazz-Abteilung von Universal Music Austria; Anm.] mitgenommen hat. Der Gig war am 1. Mai 2009 für den frühen Abend angesetzt, aber da zu diesem Zeitpunkt noch strahlender Sonnenschein gewesen ist, waren die Leute anscheinend lieber im Prater und es waren nur sehr wenige Zuschauer da. Wir haben dann beschlossen: OK, geben wir die Mikros weg und singen unverstärkt! Der Abend hat sich dann wunderbar entwickelt, die Stimmung war unglaublich, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Auch Harry Gruber war begeistert, und hat uns das Angebot gemacht, wenn wir eine Förderung vom Musikfonds bekommen, dessen Einreichfrist am folgenden Tag endete, nehmen sie uns unter Vertrag. Beim Musikfonds um eine Förderung einreichen wollten wir sowieso. Wir bekamen die Förderung dann auch und damit war klar, dass wir uns jetzt gar nicht mehr groß um andere Labels kümmern, sondern zu Universal gehen.

Wie ist deine tolle 'All-Star'-Band zusammengekommen? Habt Ihr euch schon während der Aufnahme-Sessions zu deinem Album gefunden?

violetta-parisini-11-10-2Violetta Parisini: Nein, erst nachher! Sowohl Jojo [Lackner, Bass Anm.] als auch Fabian [Rucker, Saxophon & Percussion, Anm.] haben bei den Aufnahmen zum Album nicht mitgewirkt. Aber es war ein wahnsinnig langer Prozess, weil 'Cojo' und ich sehr viele tolle Musiker kennen. Wir hätten am liebsten eine 20-köpfige Band mit drei Schlagzeuger, drei Bassisten und einem großen Bläsersatz (schmunzelt)! Wir haben dann aus unserem erweiterten Freundes- und Musikerkreis, teilweise lernt man sich auch auf Sessions besser kennen, einfach die Leute gesucht, von denen wir das Gefühl haben, dass sie am besten zu uns passen. Und das Ihr Stil mit meinem Stil am meisten kompatibel ist. So ist das entstanden. Der Fabian, unser Saxophonist, ist z.B. erst ganz am Ende dazugekommen. 'Cojo' und ich haben ihn einmal bei einer Session gesehen und als ich ihn dann singen gehört habe, dachte ich mir: "Alter Schwede, das ist ja super!" Habe dann zu 'Cojo' nur noch gemeint: "'Cojo', der MUSS in unsere Band!" (grinst) Gott sei Dank hat Fabian dann auch Ja gesagt! Jojo, Fabian und Alex [Pohn, Schlagzeug, Anm.] und natürlich auch 'Cojo' sind alles großartige Musiker! An 'Cojo' schätze ich, dass er nicht nur mehrere Instrumente meisterhaft beherrscht, obwohl er dafür nie eine herkömmliche Ausbildung gemacht hat, sondern er ist für mich auch als eine Art kreativer 'Mastermind' sehr wertvoll. Er ist für mich die kritische Instanz, auch beim Schreiben. Wenn ich einen neuen Song geschrieben habe, ist er einer der ersten Leute, die ihn zu hören bekommen.

Wo kann man euch 2010 noch live sehen?

Violetta Parisini: Ich freue mich sehr auf die nächsten Konzerte! Wir waren dieses Jahr schon recht viel unterwegs, im November kommt noch der Joe Cocker-Support in Wien, ein Konzert in Innsbruck  und das ganze gipfelt dann in einem Gig im Dezember in Wien im Radiokulturhaus! Ich hoffe, das wird schön! //

Web: Violetta Parisini

Interview und Fotos: Robert Fischer