To the Night von Peter Brunner; Foto: Freibeuter Film

To The Night von Peter Brunner erzählt die Leidensgeschichte des jungen Künstlers Norman, der sich stetig in den Kämpfen seiner Vergangenheitsbewältigung wiederfindet.

Peter Brunner - einer der interessantesten Jungregisseure des österreichischen Films

Bereits seine ersten beiden Langfilme Mein blindes Herz (2013) und Jeder der fällt hat Flügel (2015) machten offensichtlich, dass Regisseur Peter Brunner eine besondere Rolle in der österreichischen Filmlandschaft innehält. Die mitreißende Düsterheit, die seine Werke durchzieht, hebt sich durch ihre Ästhetik und Bildgewalt von der sonst so bedrückenden heimischen Filmlandschaft ab.

Im englischsprachigen Langfilm To The Night hat Norman als Kind seine Eltern in einer Brandkatastrophe im Haus der Familie verloren. Er überlebte das Unglück und versucht nun ein eigenes, alternatives Familienidyll mit seiner Freundin Penelope und ihrem gemeinsamen Baby in einer verlassen Fabrikhalle zu leben. Doch der traumatische Verlust von damals zerschlägt jede Hoffnung auf ein friedvolles Leben im Jetzt. Gesteuert von der Idee, sich von der Last der eingebildeten Schuld durch Kunst und Konfrontation zu befreien, treibt es ihn in den Wahnsinn und er selbst wird zu einer potentiellen Gefahr. Produktiv nutzt Peter Brunner die Bildkraft von Feuer und der Farbe Rot, um sowohl das zerstörerische Innenleben des Traumatisierten zu visualisieren, als auch den Spannungszustand des Gequälten zu transportieren.

Ein starker Impuls am Rande

Einem verblüffenden und wunderschönen Phänomen räumt diese belastende Geschichte aber auch Platz ein: der bedingungslosen Liebe. Die bösen Mächte, die Norman aus seiner Vergangenheit einholen und ihm eine neue Maske aufsetzen, verwandeln einen liebenswürdigen, feinen Menschen in eine gewalttätige Person. Wunderschön verkörpern Caleb Landry Jones und Eleonore Hendricks in einer herausragenden schauspielerischen Performance eine Liebe, die krankheitsbedingten Misshandlungen vergeben kann. Norman lebt in dem Glauben, alles, was er liebt, verlieren zu werden. Doch er wird geliebt von einem Menschen, der seine Vergangenheit als Teil von ihm anerkennt, und Verständnis für sein Schicksal aufbringt. Ein schöner Impuls und eine menschliche Qualität, die in Zeiten der Ausgrenzung und des Verdrängens eine wertvolle Komponente von To the Night wird.

Intensive Bilder im Ton der Melancholie

Peter Brunner beweist in dieser Charakterstudie eines Opfers von posttraumatischer Belastungsstörung enormes Feingefühl, denn am Ende verlässt man den Kinosaal nicht nur in Schwere, sondern auch in Mitgefühl. Und für diese Kunst, das Medium Film so zu nutzen, dass ein wahrhaftig tiefer Einblick in die innere und äußere Realität einer so tragischen Figur gelingt, muss gelobt werden. Großartige Regiearbeit von Peter Brunner und eine ebenso großartige Kameraarbeit von Daniel Katz. Harter Tobak. //

Text: Greta Kogler
Fotos: Freibeuter Film

To the Night von Peter BrunnerTo The Night
Bewertung: @@@@
Kinostart: 16. Juni 2019

Regie: Peter Brunner
ProduzentInnen: Oliver Neumann & Sabine Moser, Matt Parker & Carly Hugo
Koproduzent: Ulrich Seidl
Darsteller: Caleb Landry Jones, Eleonore Hendricks, Abbey Lee
Kamera: Daniel Katz