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geschichtenerzaehler01Der brasilianische Film "Der Geschichtenerzähler" erzählt die wahre Geschichte der Begegnung des Kinderbuchautors und Geschichtenerzählers Roberto Carlos Ramos und der französischen Pädagogin Margherite.




"Der Geschichtenerzähler" ist nicht nur ein Kinderfilm. Auch wenn der Film aus der Perspektive eines Kindes erzählt wird, ist er vielleicht sogar mehr ein Film für ein erwachsenes Publikum. Düster und zugleich humorvoll erzählt "Der Geschichtenerzähler" von einem dreizehnjährigen Jungen, dem es durch die Hilfe einer französischen Pädagogin gelingt aus dem Kreislauf von Armut und Gewalt auszubrechen, der sein Leben bis dahin bestimmte. In einem brasilianischen Kinderheim treffen die junge französische Pädagogin Margherite (Maria de Medeiros) und der dreizehnjährige Roberto (Jú Colombo) sich 1978 zum ersten Mal. Margherite ist fasziniert von dem Jungen, den die Heimleiterin (Malu Galli) ihr als unkontrollierbar, unerziehbar und verloren beschreibt. Sie setzt sich in den Kopf diesen Jungen zu studieren, denn sie spürt, dass etwas Besonderes in ihm steckt. Zunächst gelingt es ihr nicht zu Roberto durchzudringen, doch dann geschieht etwas Schreckliches und nachdem es Roberto nicht gelingt sich selbst zu töten, flüchtet er zu Margherite. Beide misstrauen einander, doch Roberto beginnt langsam sich zu öffnen und erzählt der jungen Pädagogin seine Lebensgeschichte. Und Margherite entdeckt, wie wunderbar Roberto erzählen kann. Sie bringt ihn mit Geschichten und Geschichtenerzählern in Berührung und weckt in ihm die Liebe zu Büchern. Margherite öffnet Türen in Robertos Leben, die zuvor für ihn verschlossen schienen.

"Der Geschichtenerzähler" ist ein Film voller leiser Töne und reduzierter Bilder, die die Annäherung von Roberto und Margherite zeigen. Wenn Roberto jedoch eine seiner Geschichten erzählt, oder etwas gezeigt wird, das in Robertos Phantasie stattfindet, dann hüllt sich alles um ihn herum in bunte Farben, wird laut und groß. So stehen die vorsichtigen Bilder, der verletzlichen Welt, in der Roberto lebt, den fast schon überspitzten Bildern seiner Phantasie gegenüber. Diese Phantasie ist es, die Roberto die Chance gibt sich aus der dunklen Welt zu befreien. Margherite jedoch ist nötig, um Roberto die Türen zu seiner Phantasie zu öffnen. Sie ist es, die den Jungen dazu bringt sich selbst eine Chance zu geben. Margherite wird nicht als unfehlbare Pädagogin dargestellt. Vielmehr ist sie voller menschlicher Schwächen. Roberto und sie sind zwei eigensinnige Charaktere die aufeinander prallen und sich gegenseitig verändern. Und Roberto spürt, dass Margherite die erste ist, die ihn als gleichwertigen Menschen betrachtet. Während der dreizehnjährige Roberto Margherite von sich berichtet, ist es gleichzeitig der erwachsene Roberto, der den Zuschauern als Stimme aus dem Off seine Geschichte erzählt. Eine Geschichte, die ihren Zuschauern unter die Haut geht. Die Geschichte einer harten Kindheit, die zum Teil in schonungslosen Bilder dargestellt wird. Jú Colombo verkörpert den dreizehnjährigen Roberto Carlos Ramos mit viel Zartheit und Humor. "Der Geschichtenerzähler" ist ein Film, der auf jeden Fall für die ganze Familie ein besonderes Kino-Erlebnis ist und erhielt den Publikumspreis im Rahmen vom Kinderfilmfestival 2010. (Katharina Fischer)


Film-Tipp:

Der Geschichtenerzähler (O Contador de Historias)
Bewertung: @@@@@@
Regie: Luiz Villaca
Mit Maria Medeiros, Jú Colombo, Malu Galli u.a.
105 Minuten; Brasilien 2009
Weltvertrieb: Elo Company
Gesehen im Rahmen des 22. Kinderfilmfestivals in Wien am 19. 11. 2010 um 19 Uhr im Votivkino