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v10coldweat003Nichts passiert. Dann etwas. Dann wieder nichts. Zum Schluss dreht man die Musik auf. Ein Abbild des Lebens?

Doug hat sein Studium der Forensik abgebrochen, besser gesagt: Auf Eis gelegt. Er zieht ins nasskalte Portland zu seiner Schwester und verdingt sich in einer Eiswürfelfabrik als Hilfsarbeiter. Auf den ersten Blick ist er überqualifiziert, doch seine Schlabbervisage erinnert eher an einen großen Hund, sein Gang an den eines autistischen oder eingeschüchterten Buben, seine Interessen sind kindlich naiv – kurz: einen hellen Kopf stellt man sich anders vor. Doch Doug ist glücklich mit seinem Leben. Man fragt sich nun das erste Mal, wohin die Handlung steuert. Für eine typische Filmeinleitung ist die Exposition zu Beginn nämlich zu ausgedehnt. Dougs Leben wird als Standbild gezeigt, der Ausgangspunkt hat nicht die übliche Rolle als durch die Handlung zu brechender Zustand. Man kann hier eine Auflehnung gegen den American Dream sehen. Auch Nicht-Streben ist erstrebenswert.

Eine Romanze?

Dann meldet sich Dougs Ex-Freundin Rachel, sie treffen sich in einem Café. Sie vom Regen durchnässt, er mit zerzausten Haaren und sanfter Stimme. Sie trinkt aus seiner Tasse. Eine neue Fährte? Erwacht eine alte Liebe zu neuem Leben? Also doch eine Romanze? Nicht wirklich. Rachel trifft sich mit Doug, mit dabei aber auch Arbeitskollege Carlos und seine Schwester Gail. Wenig romantisch. Stets vermittelt: Angenehme Zufriedenheit. Bis dahin für den Zuschauer eher fad. Dann ist Rachel plötzlich verschwunden und in Doug und Carlos erwacht der kriminalistische Spürsinn. Was sie aus der Lektüre von Sherlock Holmes-Geschichten (die Doug wohl überhaupt den Anlass zu seinem Studium gaben) wissen, bringen sie nun zur Anwendung. Hier gewinnt der Film an Fahrt und wird spannend und wirklich komisch. Das aber hält nicht lange. Rachel taucht wieder auf und es stellt sich eine andere kriminalistische Aufgabe. Dieser widmen sich der mittlerweile pfeifenrauchende Doug und seine Schwester. Sie sind erfolgreich, eben als Geschwisterpaar. Hier ist wohl auch das wahre Spotlight des Films zu sehen. Aaron Katz, der "einmal keine Romanze" machen wollte beleuchtet die Geschwisterbeziehung nach der üblicherweise letzten gemeinsamen Zeit im Elternhaus. Erwähnenswertes dramatisches Mittel ist die häufigere Kombination von verbal gestellter Frage und Beantwortung visuell durch den nächsten Schnitt. Erheiternd ist auch die Filmmusik: Marimbaphonrhythmen, die an die überleitende Musik aus der Büroserie "Stromberg" erinnern oder an eine Dokumentation über das schöne Arbeitsumfeld bei Google. Packendes kann man da nicht erwarten. //

Text: Peter Baumgarten
Fotos: Viennale

v10coldweat005Film-Infos:
Cold Weather (USA  2010; 97 Minuten)
Österreichische Erstaufführung bei der Viennale 2010
Bewertung: @@@
Drehbuch Aaron Katz
Kamera Andrew Reed
Schnitt Aaron Katz
Ton Nathan Whiteside, Eric Offin
Musik Keegan DeWitt
Ausstattung Elliot Glick
Darsteller Cris Lankenau (Doug), Trieste Kelly Dunn (Gail), Raúl Castillo (Carlos), Robyn Rikoon (Rachel), Jeb Pearson (Jim Warden), Brendan McFadden (Swen)