rolling stones und martin scorsese shine a lightDas Beacon Theatre in New York dient als intimer Schauplatz für den Konzertfilm Shine A Light von Martin Scorsese, der diesmal die längst dienende Rock-Band der Welt ins Visier nahm: The Rolling Stones.

Zehn Kameraleute folgten den Anweisungen von Martin Scorsese, der mit einem weiteren Musikfilm seine hohe Kunst des Filmemachens unter Beweis stellt. Nach Woodstock (1970), The Band (Last Waltz; 1978), Corey Harris (Feel like going home; 2003) und Bob Dylan (No Direction Home; 2005) rückt er nun die britische Rockband Rolling Stones ins Zentrum. Shine A Light ist von der Dramaturgie her betrachtet noch am ehesten mit dem Abschiedskonzert von The Band vergleichbar ohne an diesen heranzukommen, wobei man nicht vergessen darf, dass The Last Waltz der beste Musikfilm aller Zeiten ist.

I’m Bushed!

 Shine a Light - Martin Scorsese und The Rolling StonesThe Rolling Stones wiederum kann man ohne lange überlegen zu müssen zu den wichtigsten Rock-Bands ever zählen – die längst dienende Band sind sie ja zudem ebenfalls. “The Rolling Stones are a blues band”, so Charlie Watts, “I don’t play any differently today than I did when we began in 1962. Chuck Berry or Muddy Waters is what we’ve always played. I don’t think we’ve changed, really.” Martin Scorsese rollt in diesem Film die Geschichte der Stones auf, integriert dabei sehr geschickt Archiv-Aufnahmen früherer (zum Teil kurioser) Interviews zwischen dem Konzert-Ablauf und zeigt die Band freilich auch Stunden vor Konzert-Beginn. Der Clou dabei: Der Clinton-Clan plus Anhang tändelt um die Herren Mick Jagger, Keith Richards, Ron Wood und Charlie Watts herum, was diese mit unterschiedlicher Begeisterung aufnehmen, so z.B. als Keith Richards, nachdem er erfuhr, dass noch weitere 30 Freunde der Clintons kommen werden, lapidar meinte, „I’m Bushed!“, oder Charlie Watts, der in einem Interview über den Film meinte: "I don't know why the Clinton bit's in the movie. That was a bit dull for me, because they weren't really rock 'n' roll people. But aside from meeting them the film's not boring." Eine Szene, die Clintons betreffend, wird im Film leider nicht gezeigt, nämlich jene Ansage von Mick Jagger, die im Publikum für etliche Lacher sorgte: "I'd like to welcome President Clinton - and I see she's brought her husband!"

Intimer Rahmen anstelle Stadion-Atmosphäre

Shine a Light FilmszeneMusikalisch zeigt sich die Band von ihrer besten Seite; die Set-List ist, wenig überraschend, ein Mix aus alten Hadern und neuen Lumpen. Lieder vom jüngsten, sehr guten, Album „The Biggest Bang“ kommen ebenso zu Gehör wie die Stones-Klassiker „Sympathy for the Devil“ oder „As Tears Go By“. Die Höhepunkte sind jedoch zwei langsame Nummern: „Far Away Eyes“ aus dem 1978er-Album „Some Girls“ - inspiriert von der Bakersfield's Country and Western Szene rund um Buck Owens und den Gospel-Musik-Radio-Stationen in L.A. – zeigt einen hoch motivierten Mick Jagger und eine hervorragende Band bei der Performance eines ihrer denkwürdigsten Lieder. Der zweite Höhepunkt, „You Got the Silver“, aus dem wohl besten Rolling Stones-Album, „Let It Bleed“ (1969), rückt Keith Richards vors Gesangsmikro. Unglaublich intensiv!

Mittelmäßig hingegen die Gast-Auftritte, sei es jene von Jack White III von den White Stripes und Blues-Man Buddy Guy, ganz schlimm jedoch jener von Christina Aguilera. Letztgenannte ist vollkommen fehl am Platz und, wenn man zwischen den Zeilen hört, was Jagger sagt, nachdem sie die Bühne verlässt, wusste das auch die Band. Aber wieder zurück zum filmischen Element. Interessanterweise begibt sich auch Martin Scorsese vor die Kamera, nicht nur als Fragesteller, sondern auch – in einer amüsanten, wenn auch sehr kurzen Sequenz – bei der Arbeit als Regisseur. Ungewöhnlich für die Band, weniger ungewöhnlich für Scorsese, ist der intime Rahmen des Konzerts im Beacon Theatre in New York, da ja bei der Biggest-Bang-Tour die Stones eigentlich durch große Stadien tourte und sich nur für Shine A Light in einen kleinen Konzertsaal begab. Martin Scorsese: “Every time I saw them perform – sometimes further back, sometimes they’d actually bring me on stage – I became more and more obsessed with getting it on film. We did talk about making an official tour film but at a certain point, I thought making something more intimate would be more suited to me as a filmmaker and would also facilitate a more personal connection between the audience and the band.” Klug gewählt. Sehr guter Film. (Text: Manfred Horak; Fotos: Kinowelt)

Keith Richards in Shine a LightFilm-Infos:
Shine a Light
Bewertung: @@@@@
Länge/Vertrieb in Ö: 120 Minuten/Filmladen (2008)
Regie: Martin Scorsese
Kamera: Mitchell Amundsen, Stuart Dryburgh, Robert Elswit, Tony C. Jannelli, Ellen Kuras, Emmanuel Lubezki, Albert Maysles, Anastas N. Michos, Declan Quinn, Robert Richardson
Schnitt: David Tedeschi
Musik: The Rolling Stones
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Ton: Danny Michael, Fred Rosenberg, Philip Stockton
Produktion: Concert Promotions International, Shangri-La Entertainment
Produzenten: Steve Bing, Michael Cohl, Victoria Pearman, Zane Weiner
Mit: Mick Jagger, Keith Richards, Ron Wood, Charlie Watts, Bill Clinton, Hilary Clinton, Christina Aguilera, Jack White, Buddy Guy, Martin Scorsese, u. a.