xgeboteii-wukIm zweiten Teil der dreiteilig angelegten Arbeit "X Gebote" am 10.1.2013 im WUK drehen allerhand Requisiten und hunderte Schallplatten ihre Kreise auf rund 60 Plattenspielern. In sieben Stufen, ausgehend von Vernunft und Logik, über Wissenschaft, Fragen nach dem Sinn und nach Moral versuchen norton.commander.productions die Existenz Gottes nachzuweisen oder zu widerlegen. Es ist ein harter, zuweilen auch amüsanter Weg, der jedoch allzu theoretisch bleibt.

Während im ersten, höchst gelungenen Teil von "X Gebote" munter zwischen Film, Theater, Performance und Konzert und den unterschiedlichsten Genres gewechselt wurde, verharrte man bei Teil II leider - neben wenigen Filmeinspielungen - großteils bei Erzählungen und verbalen Diskursen.

Kann man Gottes Nicht-Existenz beweisen?

Zwei Filmprojektionen zeigen Gott (Hermann Beyer gekleidet als Kapitän) bei der Psychologin (gespielt von der ehemaligen Fassbinder-Darstellerin Irm Hermann). Er fühlt sich einsam, weil seine Kinder ihn für tot erklärt haben. Es sei ein "Mistjahr" gewesen, in dem er gehörig an Boden verloren hat und Mohammed auch immer mehr Oberwasser gewinnt. In einem filmischen Rückblick sehen wir Teile der ersten Ausgabe der "X Gebote": Die Erschaffung der Erde (in aufblasbarem Plastik), den verhängnisvollen Apfel auf der Palme der Erkenntnis und den aufkommenden Zwist zwischen Gott und seinen Kindern. Die Psychologin rät zur Versöhnung. Gott versucht es redlich, mit einem "Seid so lieb, glaubt an mich." Aber die Kinder haben mittlerweile alle eine gute Ausbildung genossen und sind zu kritischen Geistern geworden. Sie fragen daher als wissenschaftlich Gebildete, ob man denn Gottes (Nicht-)Existenz beweisen könne.

Gegenüberstellung

Gott und der Teufel (in Gestalt von Dagobert Duck) stehen einander gegenüber und legen ihre Finanzsituation offen. Es folgt eine erhellende Darstellung der weltlichen Güter Gottes (17 Mrd. Euro aus Kirchensteuern und 14 Mrd. Euro aus Subventionen, ganz zu schweigen vom weltlichen Anlagevermögen wie Kirchen und Dome). Aber alles in allem, Dagobert Duck geht trotzdem als Sieger der Gegenüberstellung heraus - er kann den etwa 12-jährigen blonden Nachwuchs-Judas aus einem katholischen Gymnasium überzeugen und auf seine Seite ziehen.

7 Stufen Programm - Philosophische Lehrstunde

Anhand einer bzw. mehrerer auf den Plattenspielern im Kreise drehenden Kaffeetassen wird versucht die Existenz der Kaffeetasse exemplarisch anhand von Vernunft und Logik zu begründen. Quintessenz: Manchmal ist man auf Glauben angewiesen. Was die Wissenschaft betrifft, so sucht diese nach Gesetzen. Religion und Glauben stehen unversöhnlich im Gegensatz zu Wissenschaft und Vernunft. Es wird die Frage gestellt, ob sich Glauben 'auszahlt'. Ja, befindet man und weist dies anhand der Einkommensverhältnisse der Eltern nach, die ihre Kinder in ein katholisches Gymnasium (siehe Nachwuchs-Judas) schicken. Laut einer detaillierten statistischen Aufstellung bezieht ein großer Teil ein Jahreseinkommen von  50-80.000 Euro. Es scheint sich doch auszuzahlen. Aber mit dem Glauben ist es wie bei Kapitalanlagen: Man muss abwarten, was passiert.

Ewig dreht sich der Plattenspieler und dann ist da auch noch die Moral

Handelt man "gut", weil es Gott gibt und man bestraft werden könnte oder aus Eigennutz? Die Performer stellen das Handeln von Hitler und Mutter Teresa gegenüber und stellen fest, dass es auf das zugrundegelegte Werte- oder Glaubensystem ankommt, was als richtig und was als falsch angesehen wird. Norton.comannder.productions stellen komplexe Fragen an Religion, Wissenschaft und Philosophie, aber verlieren leider bei all dem Diskurs die Umsetzung auf der Bühne etwas aus den Augen. Musikalisch gibt es wunderbare Momente, in denen Klänge von 60 Plattenspielern sich mit Atmen und Keuchen verbinden und dabei tolle Sounds entstehen, aber auch diese musikalischen Experimente bleiben ein seltenes Vergnügen. (Text: Veronika Krenn; Fotos: Rene Liebert)

xgeboteiia-wukKurz-Infos:
X Gebote (Teil II)
Bewertung: @@@
Kritik zur Aufführung am 10.1.2013 im WUK
ANIMATION: Sebastian Stuertz-Wolff
ASSISTENZ LICHT: Christian Daley
BÜHNENMEISTER: Dirk Heymann
BÜHNENTECHNIK/BAUTEN: Steffen Huhn
DARSTELLER: Gregor Biermann, Mark Boombastik, Jörn J. Burmester, Angie Reed, Ole Wulfers Regie: Harriet und Peter Meining
IM FILM: Hermann Beyer, Irm Hermann, Noel Lode, Veit Sprenger, Otmar Wagner
KAMERA/SCHNITT/LICHT: Rene Liebert
SCHNEIDERIN: Simone Hermsen
SOUND: Nikolaus Woernle
TONMEISTER: Helge Petzold
VIDEOTECHNIK: Johannes Petzold