mann-ohne-beil00Ein groteskes Kammerspiel mit Hang zum zornigen Sensorium verabreichte Hörspielspezialist Matthias Wittekindt dem Theaterfestival "ZORN! Dramatisches Erzählen Heute" mit seinem ebendort uraufgeführten Stück "Mann ohne Beil".

"Hinter jedem berühmten Mann steht eine starke Frau" lautet die Grundvorlage zum kurzweiligen Stück, das von Wortwitzen und Absurditäten geprägt ist. Alles dreht sich um die Idee eines Mordes, um den Traum von Vatermord, und um den Auftrag zum Mord an seiner eigenen Frau, die Wittekindt - offenbar in bester Schreiblaune - in sehr wechselhaften Tönen entwarf. "Mann ohne Beil" ist ebenso tragisch und melodramatisch wie komödiantisch und schwarzhumorig, ebenso bitterböse zornig wie grotesk schelmisch. Das Ensemble passt sich hervorragend an dieses großartige Kammerspiel an und schwingt sich auf zu einem großen Ritt durch die Absonderlichkeiten diverser Gefühlsregungen zweier paranoider Familien und deren psychosozialen Verhältnissen.

Zerhackt unterm Bett

mann-ohne-beil01mann-ohne-beil02Da ist z.B. das Pärchen Rachel Kramer (wunderbare Performance von Merle Wasmuth) und Stephan Wede (große Leistung mit kleinen Schwächen von Jan Cerha), er eröffnet gleich zu Beginn seiner Freundin er habe seinen Vater (grandios Horst Schily) getötet. Zerhackt habe er ihn. Aber nicht mit einem Beil, sondern "nur" mit einem kleinen Messer. Versteckt wurde der Zerhackte unterm Bett, aber andererseits könnte auch das nur eine Fantasie gewesen sein, die Idee und der Wunsch. Und dann sind freilich noch die Mütter - Frau Wede (sehr überzeugend Babett Arens), die dominant liebende und vom Sohn geliebte Mutter (der Vater steht praktisch nur, herzkrank noch dazu, im Weg herum), und Frau Kramer (gespielt von der überragenden Isabella Wolf), die mit ihrer Tochter eher oberflächlich befreundet ist, aber für vieles offen ist, auch für Stephan. Es kommt wie es kommen muss und beide Familien prallen logischerweise aufeinander. Heraus kommen durchaus auch Verwechslungen, aber vielmehr noch perfide Spielchen bis hin zum erwähnten Mordauftrag, der, wie selbstverständlich, als Selbstmordwunsch erklärt wird. Wittekindts Textprisen spazierten am 3. Oktober 2009 auf höchstem Niveau, leichtfüßig, behend, mit Sarkasmus beladen und mit jeder Menge Unterschwelligkeiten ausgestattet. Psychologisch top, humormäßig fit, spannungsgeladen und enorm einfallsreich, auch was der Einsatz der sehr klug eingesetzten Musiksequenzen betrifft, die für zusätzliche Spannungsbögen, Bruchstellen und Aufmerksamkeiten sorgt. (Text: Manfred Horak; Fotos: Gerhard Wartha)

mann-ohne-beil03mann-ohne-beil05Kurz-Infos:
Mann ohne Beil
Bewertung: @@@@@
Autor: Matthias Wittekindt
Regie: Christine Mattner
Bühne und Kostüm: Nathalie Lutz
Licht: Gerhard Fischer
Musik: Christian Weißenberger

Darsteller: Babett Arens, Jan Cerha, Swintha Gersthofer, Horst Schily, Merle Wasmuth, Isabella Wolf

Spielort: Max Reinhardt Seminar / Neue Studiobühne im Rahmen vom Theaterfestival ZORN
Weiterer Spieltermin: So, 4.10. (17:30)