georgia01Die georgische Dramatikerin Nino Haratischwili steuerte für das feine Theaterfestival "ZORN!" die dramatische Erzählung "Georgia" bei, die in der Neuen Studiobühne im Max Reinhardt Seminar zur Österreichischen Erstaufführung gelangte. Ein Stück über Ignoranz, Leere, Trauer, Schmerz und Wut.

Der Festivaltitel ist freilich Programm, der Zorn ist demnach also auch in "Georgia" spürbar, z.B. wenn Nelly ihrem Umfeld ihr Leid erzählt und Fragen stellt und niemand ist an ihren Erzählungen interessiert bzw. weicht ihren Fragen aus, obwohl sie Antworten haben müssten. Ignoranz und Verdrängung, die sich Nelly nicht bieten lässt für nicht erhaltene Antworten auf die Frage was da wirklich passiert ist mit ihrer Mutter, die eines Tages ihre Familie verlassen hat und vier Tage später tot aufgefunden wurde. Nelly, die nach dem Tod ihrer Mutter in Deutschland ein neues Leben begann, wird ihren Schmerz und ihre Trauer nicht los und kehrt wieder zurück in ihr originäres Umfeld nach Georgien. Sie erhält Hinweise und folgt neuen Spuren, in Tiflis, in Moskau, und möchte so nebenbei den Goldfisch Anna aus dem Plastiksackerl befreien, das Schwarze Meer ist ja nicht weit.

Des Alltags neue Überlebenskämpfe

Auf dieser Spurensuche nach den mysteriösen Umständen ihres Mutters Todes und generell auf der Suche nach der Geschichte ihrer Mutter wird ihr bald klar, dass ihre Mutter politische Aktivistin war, und dass innerhalb der Familie niemand etwas darüber wissen möchte, der Krieg ist schließlich vorbei und der Alltag bringt neue Überlebenskämpfe, Ängste und Enttäuschungen, die wiederum in Zorn münden. Zorn, der sich oft ganz banal ausnimmt, der überall vorkommt, schließlich sind wir alle ja hemmungslos globalisiert. Und wo Globalisierung, da Verlierer, Marke "der bekommt, was ich nicht kriege, obwohl ich doch viel qualifizierter, gescheiter, und überhaupt, bin." Die Autorin Nino Haratischwili legte also mehrere Zorn-Ebenen über ein sehr komplexes und sensibles Thema, die fünf Darsteller (Nike Van der Let, Markus Subramaniam, Florentin Groll, Doina Weber und Jens Ole Schmieder in einer Doppelrolle) konnten sich darin bestens ausleben und bestachen am 3. Oktober 2009 allesamt durch ihr feines Spiel. "Große Dramen dauern das ganze Leben", hieß es an einer Stelle, manchmal dauern sie nur 90 Minuten - umgesetzt mit sparsamen aber sehr effektiven Mitteln auf der wunderbaren Bühne des Max Reinhardt Seminars. (Text: Manfred Horak; Foto: Gerhard Wartha)

Kurz-Infos:
Georgia
Bewertung: @@@@
Autorin: Nino Haratischwili
Regie: Hannan Ishay
Bühne und Kostüm: Maria Eberhardt
Licht: Andreas Lungenschmid
Musik: Dimitar Karamitev
Darsteller: Florentin Groll, Jens Ole Schmieder, Markus Subramaniam, Nike Van der Let, Doina Weber

Weiterer Spieltermin: So, 4.10. (20:00)
Spielort: Max Reinhardt Seminar / Neue Studiobühne im Rahmen des Theaterfestivals ZORN