mit den Schlagworten:
mey_reinhard_bunter_hund Das 24. Studioalbum von Reinhard Mey stieg in den deutschen Charts bis auf Platz 1, was einen deutlichen Hinweis darauf gibt, dass sich viele Menschen weiterhin nach Liedern sehnen, die diesen Begriff auch rechtfertigen.

 

 

 

„Bunter Hund“ ist ein Reinhard Mey-Album, das von seinem im Jahr 1964 eingeschlagenen Weg als deutschsprachiger Liedermacher [damals sagte man noch Chanson dazu; Anm.], kein bisschen abweicht. Und das ist gut so – das war immer gut so. Lieder wie „Sommer 52“ bringen einem derart tief in die Gefühlsebene, dass man sich eigentlich nur ehrfürchtig vor Herrn Mey verbeugen kann. Kaum zu glauben, irgendwie, dass er es immer noch schafft mit derart reduzierten Stilmitteln und mit einem Lied, das genauso gut auf einem der 23 anderen Studioalben hätte drauf sein können, frisch und neu zu klingen. Das am meisten Aufsehen erregende Lied folgt diesem gleich nach. „Der Fischer und der Boss“ ist ein politisches Lied über die freie Marktwirtschaft und über die Verführung und Macht des Geldes in einer beinahe schon einsamen Qualität mit fünf langen Strophen, die zum Zuhören auffordern – ein Attribut, die freilich dem Gedanken eines Liedermachers – erst recht, wenn man Reinhard Mey heißt - völlig entsprechen.

Und überhaupt lange Texte: Reinhard Mey war wieder einmal sehr schreibfreudig, verfasste für das Album „Bunter Hund“ 13 Geschichten, die im Liedformat durchaus als lang gelten können. Eines haben sie alle gemein: Fad wird einem dabei nie. Reinhard Mey erinnert sich in „Drei Kisten Kindheit“ sequenzenhaft an seine Kindheit, die offenbar nicht nur eine sorgenlose war, „und plötzlich steh’n sie wieder vor mir, all die Kinderquäler:/Das schuppenschultrig-selbstgerechte Steißtrommlerkartell,/Die Peiniger, die Unterdrücker und die Erbsenzähler,/Der Knecht vom Kreiswehrersatzamt, die Petze von Pedell./Und heute noch wie böse, schwarze Rabenvögel hocken/Sie Nacht für Nacht an meinem Bett und reißen Lebenslust/Aus meiner Seele und mit scharfen Schnäbeln ganze Brocken/Von Liebe, wie Prometheus einst das Leben, aus der Brust…“, und er witzelt in „Danke liebe gute Fee“ über das Nichterhören seiner Wünsche, „Denn hätte dich, als ich zwölf war, mein Herzenswunsch erweicht,/Dann hätt’ ich heute nämlich, und das würde doch sehr stören,/Tatsächlich einen Pillermann, der bis zum Boden reicht!“

Den Ursprung der Französischen Revolution besingt Reinhard Mey in dem großen Lied „Drei Jahre und ein Tag“, das im Refrain an die Losung „Wir alle seins Brüder,/Wir alle seins gleich!“ erinnert, und in „Kai“ singt er einmal mehr über den Unsinn von Krieg und Gewalt, „Und wieder ziehen Mütter daraus keine Lehre/Und wieder schenken Väter Söhnen Spielzeuggewehre“. Ja, da gibt es viel nachzudenken, einiges möglicherweise zu überdenken und in jedem Fall etliches zu entdecken auf diesem gefühlsbetonten und sehr sensiblen Album. Wohlan, entdeckt es! (Manfred Horak)

CD-Tipp:
Reinhard Mey - Bunter Hund
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Musik: @@@@
Klang: @@@@@@
Label/Vertrieb: EMI (2007)

Link-Tipp:
HP von Reinhard Mey