Die Top 10 Januar 2013
Jeder der 20 Juroren aus der Schweiz, Österreich, Belgien und Deutschland nennt und "bepunktet" monatlich sieben Lieder, die, wenn sie es in die Wertung schaffen, in diversen Radiosendungen (z.B. in "Spielräume" auf Ö1) vorgestellt werden. Teilnahmeberechtigt sind alle neu veröffentlichten Lieder mit deutschen Texten.
Platzierung/Vormonat/Band/Liedtitel/Album/Label
1. (1) Wenzel & Band: Die Erde ist da für dich und mich aus: Woody 100 (Label: Matrosenblau)
2. (neu) Dodo Hug: Mönscheverstang aus: Jokerwoman (Label: Zytglogge)
3. (4) Rainald Grebe: Frechen aus: Das Rainald Grebe Konzert (Label: Versöhnungsrecords) Konzertkritik
4. (neu) Wolfgang Buck: Frohng ieber Frohng aus: Genau underm Himml (Label: C.A.B. Records Bamberg)
5. (10) KO J. Kokott: Bilanz aus: Zunderholz & Funken (Label: John Silver Musik)
6. (2) Hannes Wader: Lied vom Tod aus: Nah dran (Label: Mercury)
6. (neu) Heike Kellermann: Von der Angst aus: Beziehungs-weise (Label: Conträr)
8. (8) Die Zöllner: Monarchie des Proletariats aus: Uferlos (Label: Edel)
9. (6) Schmidbauer/Pollina/Kälberer: Die ganz große Kunst aus: Süden (Label: F.A.M.E.) Interview mit Werner Schmidbauer
10. (5) Der singende Tresen: Gebt mir Schnaps aus: Ernste Musik (Label: Setalight)
CD des Monats Januar 2013
 Wolfgang Buck: Genau underm Himml (C.A.B. Records Bamberg) Wolfgang Buck ist wunderbar. Ein präziser Gitarrist, guter Beobachter, humorvoller Zeitgenosse und freundlicher Frange. Pardon: Franke. Vielleicht muss man zwangsläufig diesen angenehmen Eindruck von ihm bekommen, wenn man seine Lieder hört, denn er singt ja auch auf fränkisch, und da werden audomadisch die Spitzen weich, die Granteleien verbindlich und die Pointen verschmitzt. Oder es liegt daran, dass Buck gelernter Pfarrer ist und von daher eine gewisse verständnisvolle Art kultiviert hat. CD-Kritik
Die persönliche Lied-Empfehlung
 Anna Depenbusch: Benjamin aus: Sommer aus Papier (Label: 105 Music) Empfohlen von: Hans Jacobshagen, Köln Es ist ein Beziehungslied. Eine Geschichte, die jeder und jede so oder ähnlich schon mal erlebt hat. Mit ein bisschen Wehmut beschreibt Anna die Affäre mit Benjamin, die dann auseinanderging, "als wir uns mit anderen Augen sahen". So weit so gut. Doch dann muss sie mit anhören, wie nebenan die neue Frau in eindeutiger Situation den Namen "Ben-ja-benjamin" skandiert. Das kommentiert sie denn auch gleich: "Es ist ja schön, wenn man sich liebt, aber blöd, wenn man daneben liegt." Aber auch das ist schon recht lange her und seit Tagen liegt neben ihr ein neuer Mann, und der heißt Jan. Anna Depenbusch erzählt das mit ganz viel Witz und Ironie, mit Weh- und Unmut. Das klingt mal verletzlich, mal entschlossen, mal verträumt. Der Höhepunkt ist, wenn sie den Orgasmus auf "Benjamin" singt. Die Peinlichkeit der Situation ist lustig und lässt einen schmunzeln. Das funktioniert, weil Anna Depenbusch eine wunderbare Erzählerin ist, die Worte und Reime richtig zu setzen weiß. Mit ihrer außergewöhnlichen Stimme illustriert sie die Erzählung nuancenreich, begleitet ausschließlich vom Klavier. Da ist sie besonders stark, da kommt ihre Stimme ganz besonders zur Geltung. Ihre letzte Produktion "Die Mathematik der Anna Depenbusch" gab es zweimal, einmal mit ausgefeilten Arrangements und einmal nur mit Klavier, letztere Version hat mir besser gefallen. Ach ja: Die Geschichte geht weiter, mit Jan. Das singt sie mit einem Augenzwinkern. Was wohl Benjamin dazu sagen wird?
Die persönliche CD-Empfehlung
 Simon & Jan: Der letzte Schrei - Live (Label: Ahuga!) Empfohlen von: Sylvia Systermans, Köln Frenetischer Applaus vorneweg. Wenn Simon & Jan auf die Bühne kommen, rockt der Saal. Die zwei jungen Liedermacher aus Oldenburg haben ihr Publikum gefunden. Das ist auf dem zweiten Album des Duos unüberhörbar: Der letzte Schrei, mit fünfzehn sorgsam arrangierten Songs aus Livekonzerten der vergangenen zwei Jahre. In entschleunigtem Moll persiflieren Simon und Jan hier eifernde Bildungsbürger und ätzen über korrupte Parlamentarier, witzeln über die Berliner Avantgarde und kartographieren mit spitzer Feder Deutschland als Kleingartenkolonie, in der infantile Politiker als Grillmeister und Salatmamsel wahlkämpfend jede Haltung verlieren. Chapeau! Zwischen die Songs schieben sie Schnipsel aus ihrem "vierteiligen Zyklus 'Genitalien auf Abwegen'". Als Thema mit Variationen sozusagen. Aber Simon und Jan haben nicht nur satirischen Klamauk im Kopf. Wenn sie über brausendem Gitarrengewitter die Apokalypse beschwören, ist es ihnen ernst. Mit ihrer eigenen Art von Storytelling spülen sie Erinnerungen an Fukushima hoch: "Ich spür die Erde beben, ich wollte so was nie erleben, mein Nachbar ruft: auf Los, die Erde brennt und rennt ... Du sitzt da auf der Stelle, ja was guckst du, siehst die Riesenwelle und dann schluckst du und du stehst vor dem letzten Gericht: Nein, ich mag meine Suppe nicht, nein ich mag meine Suppe nicht ... doch, die löffelst du jetzt aus!" Wenn beim Publikum danach die Stimmung am Boden ist, ziehen Simon und Jan flugs die Narrenkappe auf und stimmen ein harmloses Liedchen über Fürze an. Ganz im raubeinigen Stil der jungen Liedermaching-Szene um deren Mentor und Förderer Götz Widmann. Ihm erweisen Simon und Jan ihre Referenz, indem sie gemeinsam durchs "Land der dichten Denker" rappen: "Frank, der alte Naschhase fährt mit seiner Haschnase quer durch unseren Schnieftee in den Tiefschnee". Nicht der letzte Schrei, sondern einfach nur gut! Link-Tipp: Liederbestenliste Deutschland
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