mit den Schlagworten:

richard-thompson_wuk-3An die 150 Lieder hat er im Repertoire, die er jederzeit live spielen könnte, meinte er im Interview vor dem Konzert am 30.6.2011 beim Jazzfest Wien im WUK. Ca. 10 Prozent davon gab er einem ehrfürchtigen Publikum mit auf den Weg.

 

Manche meinen ja, dass sie zwar nicht an Gott glauben, aber zumindest daran, dass sie immer die Musik von Richard Thompson genießen werden. Der in Kalifornien lebende Brite ist einer der ganz Großen unter der Spezies der Gitarristen und so nebenbei einer jener Songwriter, der bis heute das Kunststück schaffte kein schlechtes Album zu veröffentlichen - und Alben von ihm gibt es zuhauf, weit über 60, sei es mit Fairport Convention, sei es mit Linda Thompson, sei es (seit 1983) unter Richard Thompson. Weit über 400 Lieder habe er bis dato geschrieben, und es kommen stets neue dazu, beim Wien-Konzert - dem ersten seit 26 Jahren - spielte er (von wenigen Ausnahmen abgesehen) Lieder, die jeder Thompson-Fan vermutlich in- und auswendig kennt. Und doch sind es neue Bekanntschaften, die geschlossen werden. Thompson-Klassiker wie "Walking on a Wire", "Waltzing's for Dreamers", "1952 Vincent Black Lightning", "Dimming of the Day", "Genesis Hall", "Turning of the Tide" (inklusive Gitarrensaitenriss), "Crawl Back", "I Misunderstood", "Keep Your Distance", "Sunset Song", "When the Spell is Broken", "The Story of Hamlet", "I Feel so Good", aber auch Songs wie "Sidney Wells" und "Stumble On" vom aktuellen Album "Dream Attic" (lest HIER die CD-Kritik) erhielten allesamt neue Ideen vom Meistergitarristen eingeimpft. Die Suche nach dem einen großen Ton, wie er im Interview vor dem Konzert erklärte, halte ihn wach, treibt ihn weiter, und lässt die Songs somit wohl für immer jung klingen. Die Wellenwirkung war enorm: Jeder Song löste unweigerlich große Emotionen aus, das Spektrum reichte dabei von den Herzensbrechern bis zu den Humorvulkanen. Das Publikum - ein derart ehrfürchtiges ist selten in Wien zu erleben - hörte mit Hingabe und Ergriffenheit und rief ihm zwischen den Liedern Lobeshuldigungen zu (die er zumeist mit der Hand oder mit knappen süffisanten Kommentaren weg zu wischen versuchte). Weitere 26 Jahre werden nicht vergehen, bis er wieder nach Österreich kommt, meinte er gegen Ende des Konzerts, das freilich viel zu schnell vorüber war. Was im Gedächtnis bleiben wird: Der Innovator Richard Thompson spielte groß auf und bestätigte der Fangemeinde, wovon sie eh überzeugt ist, nämlich, dass er weiterhin ein relevanter Musiker ist und der beste Gitarrist sowieso. Für all jene, die es bis hierher schafften und noch kein Album von Richard Thompson haben: Besorgt euch zumindest "Unhalfbricking" von Fairport Convention, "Shoot out the Lights" von Richard and Linda Thompson, die Richard Thompson-Alben "Hand of Kindness", "Rumor & Sigh", "Industry", sowie Thompsons persönliches Lieblings-Album "Mock Tudor", oder das Box-Set "Live at the BBC" als Querschnitt seines Schaffens, und ihr werdet (noch) glücklichere Menschen sein. Amen. (Text: Manfred Horak; Fotos: Martin Forjan)

richard-thompson_wukrichard-thompson_wuk2