Ryuichi Sakamoto: Playing the Piano

von Manfred Horak mit den Schlagworten:

Rezension

ryuichi-sakamoto-piano Mit dem Yellow Magic Orchestra schrieb der Japaner Ryuichi Sakamoto erstmals Musikgeschichte im avantgardistischen Elektro-Pop-Bereich. Einen Oscar erhielt er für die Filmmusik zu "Der letzte Kaiser", und sogar als Schauspieler konnte er überzeugen. Nun folgt sein bisher wohl intimstes Werk.

Ryuichi Sakamoto am Klavier. Einfach so. Ganz simpel. Ohne Schnörkel und ohne Firlefanz, ohne technische Zaubertricks und ohne Netz und Boden. Einige seiner wichtigsten und bekanntesten Kompositionen seit 1983 kommen dadurch bis aufs Skelett reduziert zu Gehör und zeigen, dass auch eine radikale Diät seinen Kompositionen nichts anhaben kann. Im Gegenteil. Das älteste Stück auf dem Album stammt von Sakamotos Filmmusik "Merry Christmas, Mr. Lawrence" aus dem gleichnamigen Film von Nagisa Ōshima, in dem Ryuichi Sakamoto an der Seite David Bowies sogar eine Hauptrolle spielte. Was im Film oft nicht ohne Pomp und Trara abgeht funktioniert hier in der minimalistischen Version ebenso hervorragend. Unglaubliche Melodie, was für ein Thema! Ebenso nicht fehlen darf natürlich sein musikalisches Hauptmotiv von "The Last Emperor" (Der letzte Kaiser) - die Filmmusik teilten sich übrigens zu gleichen Teilen Ryuichi Sakamoto und David Byrne - man achte nur auf den Aufbau des Liedes, welch Eleganz, welch Kraft, welch Dramatik, welch Melodie. An dieser Stelle sei auch noch auf das Arthur Rimbaud Tribute Album "Sahara Blue" (1992) von Hector Zazou hingewiesen, bei dem Sakamoto als Gastmusiker mitwirkt, u. a. beim äthiopischen Traditional "Harar et les Gallas". Deswegen der Hinweis, weil Sakamoto immer auch Musikeinflüsse aus den unterschiedlichsten Ländern in seiner - allgemein gesprochen - Idee von Musik verwendet. Auf "Playing the Piano" hört man daher z.B. auch seinen "Tibetan Dance", sein "Riot in Lagos", das mit italienischen Filmmusikreferenzen versehen "Amore", bis hin zu seinen Erlebnissen in der Arktis ("Out of Noise") und generell seinen persönlichen Hero Claude Debussy, oder, wie das frühere Mastermind vom Yellow Magic Orchestra, Ryuichi Sakamoto, einmal meinte: "Asian music heavily influenced Debussy, and Debussy heavily influenced me. So the music goes around the world and comes full circle." (Manfred Horak)