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esbjoern_svenssonEsbjörn Svensson, einer der einflussreichsten Jazzpianisten dieser Dekade und Bandleader von E.S.T., verunglückte bei einem Tauchunfall tödlich. Von Markus Brandstetter.

 


 

Strange place for snow

Eine Rock-Band die Jazz spielt, so bezeichnete der schwedische Pianist und Bandleader Esbjörn Svensson sein Trio E.S.T. (kurz für Esbjörn Svensson Trio) gerne: gemeinsam mit Dan Berglund am Kontrabass und Magnus Öström am Schlagzeug zelebrierte Svensson leichtfüßig oft eingängige und doch immer harmonisch anspruchsvolle Themen, spielte sich mit beinahe Drum&Bass-artig anmutenden, immer wiederkehrenden Sequenzen und Grooves, stilübergreifend, homogen und zutiefst originell. Svensson kann man getrost zu den einflussreichsten Jazzpianisten dieser Dekade zählen, einer, der den Spagat zwischen Tradition (ein frühes Studioalbum des Trios widmete sich ausschließlich der Kompositionen von Thelonious Monk) und Moderne spielend vollzog. Eine erfolgreiche und noch viel versprechende Karriere, der am 14. Juni 2008 ein jähes Ende gesetzt wurde: Esbjörn Svensson verunglückte bei einem Tauchunfall, dessen Details noch nicht geklärt sind, tödlich.

E.S.T. - ein musikalisches Wunderland

Aus einem musikalischen Elternhaus stammend, die Mutter klassische Pianistin, der Vater Jazz-Enthusiast, war Svensson anfangs mehr von der Klassik gebannt, kam später über die Rock-Musik zum Jazz. 1990 begann er mit seinem Jugendfreund Magnus Öström zusammenzuspielen, drei Jahre später komplettierte Berglund das Line Up. Im selben Jahr erschien mit "When Everyone Has Gone" das Debüt der Band, der internationale Durchbruch gelang der Band nach einem Labelwechsel zum deutschen Label ACT mit dem Album "From Gargarin's Point of View". Außerdem spielte Svensson auf Alben von Nils Landgren und Viktoria Tolstoy. Sowohl von der Presse als auch von den Fans hoch gelobt, erspielte sich die Band mit zahllosen Live-Konzerten einen internationalen Kultstatus, und war - neben Preisen wie dem Hans Koller Preis, als erste Band auf dem Cover des US-amerikanischen Beat Magazins ("Europe invades" betitelte man die Ausgabe). Auch die Folgealben überzeugten Kritiker und Fans gleichermaßen; das zehnte Studioalbum, der Nachfolger von "Tuesday Wonderland", stellte die Band kurz vor Svenssons Ableben fertig und wird posthum veröffentlicht.

Erneuerer und Brückenbauer

Mit Esbjörn Svensson geht, nicht nur für den Jazz, ein Erneuerer und Brückenbauer verloren; ein Performer der sich (und sein Publikum) bei seinen Konzerten in regelrechte meditative Trancezustände spielte, einer, der die amerikanische Jazztradition genauestens kannte und liebte und sich trotzdem, oder genau deswegen, von ihrer puristischen Form entfernte und stets auf der Suche nach Erweiterung war. Svenssons Tod ist ein herber, unerwarteter Schlag für die Musikszene und hinterlässt uns, angesichts des unglaublichen kreativen Potentials Svenssons und des Trios, mit der Frage, was da noch hätte kommen können. Svensson wurde 44 Jahre alt und hinterlässt seine zwei Kinder und seine Frau. (Text: Markus Brandstetter; Foto: ACT)

CD-Tipps:
E.S.T. - Tuesday Wonderland (Hybrid SACD)
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Musik: @@@@@
Klang: @@@@@@
Label/Vertrieb: ACT/Edel (2007)

E.S.T. - Seven Days of Falling
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Musik: @@@@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: ACT/Edel (2003)

Link-Tipps:
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