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nadja-meister-2Die in Südmähren geborene und in der Nähe von Wien lebende freiberufliche Pressefotografin Nadja Meister im Gespräch über Qualitätskriterien, angewandte Phantasie und Centrope. Die Fotografin zeigt in "Absichtlich und Zufällig" Fotoserien von österreichischen und tschechischen Künstlern, die zwar in deren eigenem Land bekannt aber jenseits der Grenze fast unbekannt bleiben. Zu sehen bis 22. Mai 2011 in der Stadt Galerie Hustopece.

Diversity, Behindertensport, Migration und Integration in Österreich sind ihre Spezialthemen. In der aktuellen Ausstellung "Absichtlich und Zufällig" in Hustopece zeigt Nadja Meister was Pressefotografie als Beruf bedeuten kann. Pressefotografie ist dank eines guten 'Zufalls' bekannte Persönlichkeiten vor das Objektiv zu bringen und 'zufällig' begegnet man Menschen, deren Handlung gerade so interessant erscheint, sodass sie fotografiert werden muss. Und jedes Mal ist auch ein wenig 'Absichtlich' mit dabei, wenn Nadja Meister diese Situationen fotografiert. Ernsthaft 'absichtlich' hat sie vor einem Jahr angefangen Künstler aus Österreich und Tschechien zu fotografieren. Zu beiden Seiten der österreichisch-tschechischen Grenze gibt es sehr viele interessante Persönlichkeiten, die vor allem im Kulturbereich arbeiten, jedoch kaum bis gar nicht jeweils auf der anderen Seite bekannt sind. Warum dies so ist, harrt noch einer Beantwortung - besser jedoch Aufhebung des Gegensatzes. Nadja Meisters Fotos sind daher ein Beitrag zu einer grenzüberschreitenden Begegnung - über den Weg der Betrachter in die Köpfe der Menschen.

Kulturwoche.at: Ihre Ausstellung trägt den Titel "Absichtlich und Zufällig", ein Titel, der viel verrät, aber auch neugierig macht. Fotografieren Sie lieber 'absichtlich' oder 'zufällig', oder ergibt das Eine das Andere? 

Nadja Meister: Die Situation erlaubt zumeist das Eine wie das Andere - ich überlasse es den Betrachter/innen zu entscheiden, was dominierender empfunden wird.

Wie ist denn die Auswahl der Fotografien für die Ausstellung entstanden? Wie viele Fotografien aus welchem Zeitraum werden zu sehen sein?

Der verfügbare Raum der Galerie in Hustopece hat die Wahl der Fotos bestimmt - ich will nicht übertrieben erscheinen, aber wenn Sie von einer Person viele Aufnahmen haben, wobei jede einzelne einen anderen Aspekt der Person erkennen lässt, dann fällt mir die Auswahl nicht wirklich leicht - das ist wohl einer der zeitintensivsten Arbeiten vor der Erstellung einer Ausstellung.

Sie sind freiberufliche Pressefotografin, ein Berufsfeld, das sehr stark im Wandel begriffen war und vielleicht noch weiterhin ist. War das immer schon ein Beruf, der Sie fasziniert hat, den Sie ausüben wollten? Mit welcher Kamera (welchen Kameras) arbeiten Sie? Wie stehen Sie zur digitalen Fotografie, wie zur analogen?

Mein ursprüngliches Standbein war die Geographie, doch nach der Übersiedlung nach Österreich und zwei Kindern, war es dann leicht und schwer zugleich, dass ich mich für die Fotografie entschieden habe. Fotografiert habe ich schon als junges Mädchen. Vorbilder bietet die große - in Österreich nahezu unbekannte - Schule bedeutender tschechischer Fotografen en masse: Drntikol, Sudek, Tmej, Hochova, Kudelka, Streit, Sobek, etc. die sind allesamt eine Vorgabe, auch eine Hürde mit hohem Respektzoll für mich. Ich habe länger gebraucht, mich für die Digitalfotografie zu entscheiden, es braucht ja nicht nur eine gute Kamera, sondern auch allerhand an Computerperipherie. Canon 5D Mark II ist die aktuell präferierte Kamera.

Welche Qualitätskriterien muss für Sie eine Fotografie haben? Gibt es für Sie zumindest die Vorstellung von einem perfekten Foto?

Sagen wir es mit einem Zitat: Ein gutes Foto erkennt man, wenn es länger als ein paar Sekunden angesehen wird. Das Foto muss etwas auslösen, Assoziationen bewirken, Nachfragen provozieren, Gefühle evozieren. Das gilt vor allem für die Betrachter. Für mich hat jedes Foto eine zusätzliche Dimension - es erinnert mich auch an die Situation, zu welcher ich es gemacht habe. Gut sind jene Aufnahmen, die es mir erlauben mich an die Momente vor und nach dem Drücken des Auslösers zu erinnern.

Einer meiner Lieblingsfotografen ist Robert Doisneau. Bei ihm wirkten viele Fotos wie Schnappschüsse, tatsächlich waren sie aber oft aufwändige Inszenierungen. Haben Sie auch Lieblingsfotografen und was schätzen Sie an diesen?

Eine Aufnahme von Doisneu erinnert mich sehr an eine ganze Serie von Büchern von Dagmar Hochova. Spielende Kinder - Motive, die es heutzutage nicht mehr zu geben scheint. Da wird alles was es gibt - das einfachste und banalste zum Spielzeug. Heute würde man darunter Armut vermeinen, doch das was dabei eher sichtbar wird, ist die angewandte Phantasie. Jindrich Streit, der auch einige seiner Arbeiten in den Randzonen Österreichs gemacht hat, ist eine noch zu entdeckende fotografische Größe. Der Begriff 'inszenierter Schnappschuss' passt zu vielen seiner Fotoserien. Von Evzen Sobek habe ich anlässlich eines Workshops viel gelernt. Einige der gezeigten Fotos entstanden aus dieser Zusammenarbeit.

Sie sind in Südmähren geboren und leben seit zwanzig Jahren in Österreich. Südmähren zählt so wie Teile von Österreich (Wien, NÖ und Burgenland) zur Centrope-Region. Welche Bedeutung hat für Sie Centrope, beruflich wie privat?

Sprachlich fällt es mir leichter mich im Raum Tschechien-Slowakei-Österreich zu bewegen. Ungarisch habe ich leider nicht gelernt. Auch 20 Jahre nach dem Fall des Vorhangs, ist es noch nicht Normalität, unvoreingenommen aufeinander zuzugehen. Da liegt noch eine lange Wegstrecke vor uns und unseren Kindern bis ein gemeinsames Raumgefühl gelebt werden wird können. Beruflich habe ich meinen Schwerpunkt eher im österreichischen Raum. Das muss nicht so bleiben - für berufliche Horizonterweiterungen bin ich sicher noch zu haben.

Die Fragen stellte Manfred Horak. Fotos: Nadja Meister.

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Fotoausstellung:
Nadja Meister: Absichtlich und Zufällig
Vernissage 1.5.2011 (Beginn: 16 Uhr)
Stadtgalerie Hustopece
Dauer der Ausstellung 2. bis 22. Mai 2011

Link-Tipp:
Nadja Meister Fotografie




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