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Am 21. November 2016 wird das vierte Wiener stARtcamp über die Bühne gehen - und das beinah im wahrsten Sinn des Wortes - die "Unkonferenz", wie das Barcamp-Format oft bezeichnet wird, findet erstmalig in einem Theater statt: dem Volkstheater Wien.

Das Digitale verlangt neue Denkweisen

Weiterentwicklung und Veränderung lauten die Schlagwörter, die das Digitale für sich beansprucht. Powerpoint und Frontalangriffe, wie die einzelnen Einheiten ("Sessions") eines stARTcamps oft verstanden wurden, sind nicht mehr zeitgemäß. Das Digitale verlangt neue Denkweisen, neue Strukturen, neue Formate - auch im Wir-reden-drüber-Bereich. Beim vierten stARTcamp in Wien soll es einen Anstoß geben, wie dies aussehen kann.

"Macht halt einer das Social Media auch noch"

Die Veränderungen, die die Entwicklung von neuen Medien und Technologien mit sich bringen, sind einschneidend - und dringend notwendig. Das Digitale hat mittlerweile alle Bereiche der Kultur- und Kreativarbeit durchdrungen - von Presse bis Marketing, von Intendanz über Regie über Dramaturgie, von der Kulturvermittlung zum Kassapersonal. Der Punkt, an dem die alltägliche Arbeit jedoch an Grenzen stößt - und damit sei nicht nur auf das (leidige) Thema Ressourcen hingewiesen, ist in diesen Tagen schneller denn je erreicht - das zeigt unter anderem auch der Social Media Stammtisch Kultur, der in Wien einmal monatlich stattfindet. Ziele in der alltäglichen Arbeit, und das kann für alle Tätigkeitsfelder bzw. Branchen angenommen werden, in denen der digitale Fortschritt die Flexibilität von betrieblicher Struktur und internen Prozessen längst überstrapaziert hat, können nicht mehr, oder nur mehr sehr schwer, erreicht werden. Arbeitsfelder bzw. Arbeitsaufgaben werden ausgeweitet, oftmals zu "All In"-Verträgen und nicht selten "macht halt einer das Social Media auch noch". Beobachtet man die Profile der ausgeschriebenen Stellen im Kulturbereich, so muss man kein Experte sein, um festzustellen: das kann sich niemals ausgehen. Auch wirtschaftliche Ziele verschieben sich durch den digitalen Wandel, können nicht mehr erreicht werden, Pläne aus gar noch nicht so grauen Vortagen sind plötzlich nicht mehr umsetzbar. Auf Erfahrungen kann man noch nicht zurückgreifen. Direkt proportional zu den Hindernissen in der täglichen Arbeit, wächst auch die Frustration - ein verzweifelter Kampf gegen das Ertrinken im digitalen Becken beginnt, im stillen Kämmerchen der Arbeiterinnen und Arbeiter, wie auch in den öffentlichwirksameren Führungsebenen.

Strukturen und Prozesse müssen sich wandeln - aber wie?

Nachvollziehbar und greifbar wird die Problematik am Beispiel von Freigabeprozessen in der Öffentlichkeitsarbeit, die oft Tage, in manchen Betrieben mitunter Wochen oder gar Monate in Anspruch nehmen. Vom Social Media Standpunkt gesehen, eine halbe Ewigkeit. Genügt es nun aber, die Freigabeschleifen zu kürzen? Ist das überhaupt möglich? Muss man vielleicht gar das Pferd von hinten aufzäumen - Content kreieren, der Freigaben überflüssig macht? Fragen nach Content, nach Prozessen, nach Strukturen müssen gestellt werden, bevor "der vierte Zwerg von links" ins Blaue hinein socialmediat. "Zwischen Inhalten und Technologien" lautet daher das Motto des vierten Wiener stARTcamp, das das herkömmliche Session-Format um ein "World Cafe" ergänzt. Kultureinrichtungen können nicht einfach so damit beginnen, Inhalte mit Hilfe neuer Technologien zu kommunizieren, wenn sie auch wirklich davon profitieren wollen. Sie müssen sich verändern, weiterentwickeln und einen Veränderungsprozess einleiten, der zurzeit mit dem Schlagwort "digitale Transformation" etikettiert wird.

Zwischen Inhalten und Technologien

Der Blogbeitrag von Christian Henner-Fehr über den "digitalen Kulturbetrieb" zeigt, dass es etliche Stellschrauben gibt, an denen gedreht werden muss. Martina Bär-Sieber, Rainer Krumm und Hartmut Wiehle haben in ihrem Buch Unternehmen verstehen, gestalten, verändern - Das Graves-Value-System in der Praxis ein Modell entwickelt, das die folgende Grafik abbildet:



Diese Grafik zeigt den Bereich, der "zwischen" den Inhalten und den (neuen) Technologien liegt, mit dem sich das stARTcamp Wien beschäftigen wird - in den Fokus werden die Bereiche System/Prozesse, Struktur und Strategie gerückt. Ausgehend von den Erfahrungen und Vorstellungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer soll das stARTcamp Menschen ins Gespräch bringen. In drei World-Cafe-Runden in der Roten Bar im Volkstheater, werden die Utopien und Wünsche für einen digitalen Kulturbetrieb auf den Tisch gelegt. Am Nachmittag wird dann im Session-Format Zeit zu Verfügung stehen Inhalte zu vertiefen, offene Fragen zu beantworten, das wir alle von Bar-und stARTcamps her kennen. Die Blogparade "Kultur an der real-digitalen Schnittstelle" lädt darüber hinaus ein, sich mit der Thematik näher zu beschäftigen. Eine Auswahl aus allen Beiträgen, wie auch die Ergebnisse des stARTcamp, werden in einem eBook zusammengefasst. Dieses wird kostenlos zum Download verfügbar sein. Das stARTcamp Wien wird von Christian Henner-Fehr, Barbara Royc, Michael Wuerges und Kulturfritzen organisiert. //

Veranstaltungs-Tipp:
stARTcamp Wien: Zwischen Inhalten und Technologien
21.11.2016 (9:00 - 17:30 Uhr)
Volkstheater, Rote Bar
Hashtag: #scvie #neustART

Text: Anne Aschenbrenner
Fotos: Kulturfritzen, Lupi Spuma
Grafik, aus: Unternehmen verstehen, gestalten, verändern