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identities-keep-the-lights-onIra Sachs' autobiographischer Film "Keep the Lights On" ist die Geschichte einer Beziehung mit der zwei Menschen völlig verschiedene Erwartungen und Bedürfnisse verbinden. Während der eine liebt und geliebt werden will, braucht der andere diese Beziehung als Stütze.

Der Film zeigt Eriks (Thure Lindhardt) und Pauls (Zachary Booth) Beziehung, die im Jahr 1998 einen etwas schrägen Anfang nimmt, ihre sehr existenziellen Krisen, bis hin zu ihrer sehr sanften und undramatischen Trennung nach neun Jahren.

Drogensucht und Liebe

Es ist eine Geschichte über Liebe und darüber, was ein Mensch bereit ist aus Liebe zu ertragen. Außerdem ist es die Geschichte einer Drogensucht, die stärker ist, als die Zuneigung zu einem anderen Menschen und über die Bereitschaft einen geliebten Menschen zu verletzen. In der amerikanischen, sehr multikulturellen Oberschicht und Künstlerwelt, in der Paul und Erik leben, ist ihre Liebe etwas sehr Selbstverständliches. Niemand problematisiert, dass sie ein Paar sind. Das Problem sind die Probleme innerhalb dieser Beziehung, die über neun Jahre andauert. Das Problem ist Pauls Drogensucht.

Intimer Film mit Humor

Das Publikum begleitet Erik und Paul durch einen langen Abschnitt ihres Lebens. Es nimmt sehr privat an ihrer Beziehung mit all ihren Facetten teil. In all ihrer simplen Ruhe ist diese Geschichte einer Beziehung zutiefst tragisch. Der Film nähert sich, nicht ohne Humor,  seinen Protagonisten sehr intim und begegnet ihnen sehr nah. Heteronormative Ansichten und Konstruktionen kommen in diesem Film nicht vor. Ebenso wenig wie Homophobie. Das Thema "coming out" hat "Keep the Lights On" nicht nötig. Die Figuren in diesem Film sind ganz selbstverständlich liebende Menschen. Und auch Eriks Freundin Claire (Julianne Nicholson), die sich ein Ḱind wünscht, verbindet diesen Wunsch nicht zwangsläufig mit dem Konstrukt, dass dieser Wunsch auch zwangsläufig an ein Zusammenleben mit dem richtigen Mann gekoppelt ist.

Der Versuch zu verstehen, zu verstecken und zu beschützen

Erik ist stärker als Paul, er ist fähig Paul zu lieben, während dieser sich, gefangen in seiner Cracksucht, nur auf sich selbst beziehen kann. Erik versucht Pauls Sucht zu verstecken, zu verschweigen. Nach außen hin sind sie lange ein wunderbares Paar. Immer wieder ist er bereit zu verzeihen, bis es nicht mehr weiter geht. Thure Lindhardt ist ein wunderbar wandelbarer Schauspieler. Sein Erik leidet still, verändert jedoch im Laufe des Films Habitus, Körperhaltung und sogar seine Art zu sprechen. Die Härte der Beziehung prägt sich der Figur ein.

Happy End der anderen Art

Aus dem Anfangs etwas kindlichen Erik, der seine Dokumentarfilme mit dem Geld seines Vaters dreht und nicht gerne Verantwortung übernimmt, wird ein sehr ernster Mensch. Er erlebt berufliche Erfolge, während sein Privatleben immer zermürbender wird. Paul wiederum verbleibt in seiner Kindlichkeit, verweigert lange jegliche Entwicklung. "Keep the Lights On" hat ein Happy End der anderen Art. Am Ende kann Erik sich von Paul lösen, der Abschied ist traurig und befreiend zugleich. (Katharina Fischer)

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Film-Infos:
Keep the lights on
USA 2012, 103 Minuten
Filmfestival identities
Bewertung: @@@@@
Kritik zur Vorführung am 9.6.2013 im Filmcasino Wien

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Regie:
Ira Sachs
Buch: Ira Sachs, Mauricio Zacharias
Kamera: Thimios Bakatakis
Schnitt: Alfonso Goncalves
Musik: Arthur Russel
Produktion: Marie Therese Giurgis, Lucas Juaquin, Ira Sachs
DarstellerInnen: Thure Lindhardt, Zachary Booth, Paprika Steen, Sebastian La Cause, Julianne Nicholson, Maria Dizzia