mit den Schlagworten:

nussknacker-kinoMit dem "Nussknacker" startete CielEcran am 19. 12. 2010 eine Reihe von Live-Übertragungen von Aufführungen des Bolshoi-Ballettensembles in 300 Kinosäle auf der ganzen Welt, auch in Wien, Graz, Salzburg, Linz, Innsbruck und Hohenems.




Die Übertragung, in technisch einwandfreier Qualität und lückenloser Schnittregie, fand in insgesamt dreihundert Kinos rund um die Welt statt, sieben davon in Österreich. "Der Nussknacker", ein beliebtes Weihnachtsmärchen nach E.T.A. Hoffmanns Erzählung "Nussknacker und Mausekönig" wurde 1882 nach der Musik von Peter Ilijtsch Tschaikowsky in St. Petersburg als Ballett uraufgeführt und wird seither vermutlich jedes Jahr zur Weihnachtszeit irgendwo in Europa neu interpretiert und choreographiert. Die gezeigte Inszenierung am Bolshoi-Theater stammt von Yuri Grigorovich, dem langjährigen Haus-Choreografen.

Die Handlung des Balletts ist schnell erzählt: Marie, ein kleines Mädchen, bekommt vom Patenonkel einen Nussknacker geschenkt, damals ein hölzerner Geselle im Soldatenoutfit. Eine Besonderheit, wie sie heutige Kinder vermutlich nicht einmal mehr kennen. Der Weihnachtsabend rückt heran und der Patenonkel unterhält sich und spielt mit den Kindern. Schließlich, als alle Geschenke verteilt und ordentlich gefeiert worden ist, gehen die Gäste nach Hause und die Kinder zu Bett. Marie kann nicht schlafen, schleicht die Treppe hinunter und schläft unter dem Christbaum, den Nussknacker im Arm, ein. Um Mitternacht werden der Nussknacker und alle anderen Spielsachen plötzlich lebendig und als der Mäusekönig kommt, um Marie zu entführen, schlägt sich der Nussknacker mit einem Heer der Zinnsoldaten wacker und besiegt den Bösewicht. Da fällt ein Zauber von ihm ab und er verwandelt sich in einen wunderschönen Prinzen, der mit Marie wundersame Abenteuer erlebt. Da tanzt der Schnee, die Zuckerfee lädt in ihr Reich, der Weihnachtsbaum wird bereist und Marie heiratet den wunderbaren Prinzen. Doch als es am schönsten ist, wacht sie auf und stellt fest, dass sie geträumt hat.

Da das Bolshoi Theater derzeit renoviert und erst im Herbst 2011 wieder eröffnet wird, wurde von der Ersatzbühne übertragen, die (für den Laien im Kino jedenfalls) wie das Original im Stil des Russischen Klassizismus aussieht. Die Einrichtung wurde auch in der Übertragung gezeigt. Die Musik, dirigiert von Gennadi Rozhdestvensky, wurde zart und durchgängig von den Bläsern bestimmt, leider sind Kinosaalboxen dafür weniger geeignet, das eine oder andere Übersteuerungsgeräusch war zu hören. Die Inszenierung war sehr märchenhaft angelegt, dem Jahr 1966, aus dem sie stammt, entsprechend. Dadurch kam immer wieder ein Gefühl von "in die Jahre gekommen" auf. Die opulenten Kostüme machten schon einen recht verstaubten Eindruck, die tanzenden Schneeflocken wedelten noch zusätzlich mit Wattebäuschen und die lebenden Christbaumkerzen trugen Kerzenhalter in der Hand - in der heutigen Zeit nicht nötig, da die Handlung ja ohnehin hinreichend bekannt ist und die Tänzer so kaum Gelegenheit hatten, ihre Rollen nur aus ihrem Tanz zu interpretieren. Herausragend waren die beiden Solisten (Marie: Nina Kaptsova, Nussknacker: Artem Ovacharenko). Präzise aufeinander eingespielt und glaubhaft, ein junges Mädchen, das ihrem Prinzen begegnet.

Für Erwachsene, die die Musik kennen und schätzen eine etwas eintönige Darstellung, für Kinder nur bedingt spannend, da das Ambiente eines großen schmuckvollen Theaters im Kinosaal absolut fehlt und auch nicht durch Sekt und Brötchen am Eingang hineingezaubert werden kann. Stillvoller als im Plastikfilmmaschinerie-Cinecenter Reichsbrücke wäre das Kinoerlebnis sicher in einem der kleineren Wiener Traditionkinos mit Atmosphäre gewesen. Die Tickets zu 30 bzw. 15 (Kinder bis 14) Euro wird man sich als nicht so eingefleischter Ballettfan vielleicht zweimal überlegen, andererseits ist es die günstige Alternative zum Flug nach Moskau und natürlich eine gute Gelegenheit, das Moskauer Ensemble mit dem der Wiener Staatsoper zu vergleichen, in der die günstigsten Karten z.B. bei der Fledermaus-Ballettaufführung am 4. Jänner 2011 bei 8 Euro liegen. (Ina Rager und suja)


Kurz-Infos:
Bolshoi im Kino

Weitere Übertragungen:

23. Jänner 2011: Class Concert / Giselle
6. März 2011: Don Quichotte
29. Mai 2011: Coppélia