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jfw_promised_land_teaser@@@@@ (beide Filme)

Bilder und Szenen, die aufregen, aber nicht erregen:
Während der Jüdischen Filmwoche 2005 werden u.a. zwei äußerst sehens- und daher empfehlenswerte Filme von Regisseur Amos Gitai gezeigt: "The Arena of Murder" und "Promised Land". Von Stephanie Lang.

"Es sollte ein Film über Prostitution werden ohne dabei erotische Bilder zu produzieren. Das war die Schwierigkeit", sagte Amos Gitai, der Regisseur vor der Aufführung seines Spielfilms "Ha-arez Ha-muwtachat - Promised Land" aus dem Jahre 2004 während der jüdischen Filmwoche 05. Herausgekommen sind fast dokumentarische Bilder und Szenen, die aufregen, aber nicht erregen - und das fast 88 Minuten lang. Auch "Sirat Ha-rezach - The Arena of Murder" behandelt ein schwieriges Thema: die Ermordung von Yitzhak Rabin. Amos Gitai verarbeitet seine persönlichen Eindrücke mit hohem Bewusstsein, den Mord an einem Menschen auch leicht zu einem Medienereignis machen zu können. Herausgekommen ist eine sehr persönliche Dokumentation, ein poetisches Essay, über eine Nation im Schock, in Wut, in Fassungslosigkeit.

jfw_arena_of_murderÜber die Figur eines Barden, bzw., zeitgemäß formuliert, eines Rocksängers, findet die Stimmung der fassungslosen Anhänger "der Liebe" ihre Sprache zum Thema. Über die Betrachtung der eingegrenzten Landschaft bzw. vom Tatort im normalen Alltag, bekommen wir einen Eindruck über die reale Situation vor Ort. Über Gedichte gelesen von einer Frau der älteren Generation, hier der Mutter des Filmemachers, erfahren wir traditionelle Umgangsmöglichkeiten mit so einer brutalen Situation. In Gesprächen mit der Ehefrau des Opfers, gefilmt in ihrer Wohnung, erleben wir den persönlichen Verlust dieses Menschen.
Amos Gitai tritt immer wieder selbst ins Bild, als Gesprächspartner, als Betrachter, als Überlebender, da er mit 23 während des Yom-Kippur-Krieges in einem Helikopter abgeschossen wurde. Er fährt mit einem Auto durch die Straßen der betroffenen Stadt, und reflektiert - seine eigene Geschichte, den Zustand seines Landes, die gelesenen Weisheiten seiner Mutter.

Man sieht ihn auf einer Lichtung vor einem Haus stehen. Lange passiert nichts, dann will er aus dem Bild gehen und das Haus wird gesprengt. Der junge Rockstar verdeutlicht seinen Fans: "Wir werden hier bald unsere Kinder erziehen." Gitais Mutter bemerkt leicht verschämt, dass es um die Umwandlung von Sex geht. "Als Kinder lagen wir am Strand, schauten zu den Sternen und erzählten uns Geschichten - uns war nie langweilig."

Ein Soldat erzählt: "Mut entsteht, wenn alles schief geht. Mut wird nicht mit eingeplant. Man plant so gründlich, damit man diese Gabe nicht braucht." Und in einer Anekdote fällt der Satz: "Wenn Du noch keinen Kampf gekämpft hast, dann hast Du noch nie geliebt."
Ein Mann verliebt sich in eine Frau, die unbefangen zu einer Rockversion von Johann Sebastian Bach improvisiert: "Sie kam ins Zimmer und ich war entspannt. Ich war so entspannt!"

Dokumentarische Photographien von dem Mord werden immer wieder von der Wand genommen, abgehängt, neue wieder aufgehängt, wieder abgehängt. Das Medienereignis "Mord" bleibt bis zum Schluss aus.
Eingerahmt wird der Film mit Musik von Simon Stockhausen und dem Sprechgesang von Hannah Schygulla: "There is a Time to Travel - a Time to Stay - a Time to Love - A Time to Hate..." (eine Textzeile, die offenbar auf den Pete Seeger-Song "Turn Turn Turn" basiert, der sich damit wiederum seinerzeit an das Buch Salomo aus der Bibel orientierte; Anm.).

jfw_promised_landDieselbe Komposition beendet den Spielfilm "Promised Land", der von jungen Frauen handelt, die sich durch den Verkauf ihres Körpers Geld verdienen wollen. Amos Gitai hat das Drehbuch sehr genau recherchiert und gemeinsam mit Marie-Jose Sanselme geschrieben. Daher wirkt der ganze Film wie eine lange, unwirklich nahe Dokumentation mit Rückblenden über das Geschäft "Menschenhandel". Nicht mehr und nicht weniger. Wie bei jeder Art der Sklaverei, muss in diesem Fall erst die Selbstbestimmung der Frauen gebrochen werden, damit sie bereitwillig alles mit sich machen lassen, um zu einer funktionierenden Ware zu werden. Um gut verkäuflich zu sein, darf die Ware keinen eigenen Willen haben. Es ist eine ernüchternde Gegendarstellung zu den vielen Hollywood-Produktionen und auch Theaterproduktionen, wo der Beruf der Nutte gerne veredelt wird. Und es ist gleichzeitig ein ernüchterndes Abbild unserer Gesellschaft, wo das meiste Geld bezahlt wird für körperliche Schönheit und seelenlose Bereitwilligkeit. (Stephanie Lang; 2005)