Der letzte Mensch; Foto: Heinz Holzmann

Theatermarathon Der letzte Mensch auf fünf Quadratmetern für vier Schauspieler und vereinzeltes Publikum.

Bis der letzte Mensch auf Theaterreise geschickt wird

Alle zwölf Minuten wird höflich, leise und bestimmt ein*e Zuschauer*in aus dem Warteraum in das Foyer geführt, gebeten das Handy auszuschalten und den Kopfhörer aufzusetzen. Soweit ein bereits ungewöhnlicher Beginn für einen Theaterabend. Dann aber betritt das Publikum den Bühnenraum (Steffie Wurster) und damit beginnt eine außergewöhnliche Theaterreise durch RAUM+ZEIT.

Face-to-Face-Theater

Von Raum zu Raum geht das Publikum als vereinzeltes Individuum. Kein schützendes Dunkel trennt es von den Darstellenden. Nicht wie gewohnt als Voyeur, sondern von Angesicht zu Angesicht steht es der jeweiligen Figur gegenüber, minutenlang Projektionsfläche für dramatische Auszüge aus Biographien historischer Persönlichkeiten aus dem Bodenseeraum. Gefühle der Erhabenheit, des Aufbegehrens, Widerstands oder totaler Empathie werden ausgelöst.

Virtuelle Realität voll analog

Der letzte Mensch DioramaGefangen im Blick der jeweiligen Figur, sucht synchron das Gehirn nach vergleichbaren Erinnerungen, um der Situation entsprechende Reaktionsbefehle an das Zentralnervensystem zu erteilen. Manche bemühen sich zusätzlich noch im Erleben das Erleben zu analysieren, während Glücklichere sich voller Freude und mit berechtigtem Vertrauen der Erfahrung hingeben. Der Effekt ist ähnlich wie bei VR-Brillen, wenn die wichtigsten Sinne - Sehen und Hören - das Verarbeitungsorgan so beschäftigen, dass ein völliges Eintauchen in das Geschehen passiert. Das analoge Plus ist die Distanzlosigkeit der Erfahrung: ein Mensch spielt mit einem Menschen.

Umkehreffekt

Was Voranstehend über die Herausforderungen an das Solopublikum geschrieben wurde, kann eins zu eins auf die Schauspieler*innen umgelegt werden. Denn wann stehen Protagonist*innen schon Aug-in-Aug‘ ihrem Publikum gegenüber! Natürlich haben sie den Vorteil ihren Text (Lothar Kittstein) zu kennen, die ausgelösten Reaktionen aber müssen sie halten, ohne aus der Rolle zu fallen.

Spoilern

Die sorgfältig recherchierten Persönlichkeiten der Theaterinstallation sind die Hundsgräfin (Rahel Jankowski), Paul Grüninger (Rolf Mautz), ein Urmensch (Daniel Blum) und Stephanie Hollenstein (Jeanne Devos). Der Zeitbogen spannt sich von der Frühgeschichte bis ins 20. Jahrhundert. Die ausgewählten Figuren könnten unterschiedlicher nicht sein: Geliebte, Fluchthelfer, Steinzeitmensch und Nationalsozialistin. Mehr soll an dieser Stelle allerdings nicht verraten werden, um das Erleben des künftigen Publikums nicht zu beeinträchtigen. Nur so viel sei noch gesagt: Ausgezeichnet. //

Text: Ruth Kanamüller
Fotos: Heinz Holzmann

Der letzte MenschKurz-Info:
Der letzte Mensch
Bewertung: @@@@@
Kritik zur Premiere am 9.5.2019 im Magazin 4, Bregenz

Inszenierung: Bernhard Mikeska
Text: Lothar Kittstein
Künstlerische Mitarbeit: Male Günther
Bühne: Steffi Wurster
Kostüme: Almut Eppinger
Sounddesign: Julia Krause
Dramaturgie: Birke Baumann
Mit: Daniel Blum, Jeanne Devos, Rahel Jankowski, Rolf Mautz

Einlass: alle 12 Minuten für eine Person, Dauer ca. 60 Minuten

Termine 1. Vorstellungsblock: Do 30.5. / Fr 31.5. / Sa 1.6., 18.00 Uhr bis 21.24 Uhr und So 2.6., 14.00 Uhr bis 17.24 Uhr, Magazin 4, Bregenz

Termine 2. Vorstellungsblock: Di 23.7. / Mi 24.7. / Fr 26.7. / Sa 27.7. / So 28.7. / Di 30.7. / Mi 31.7., 16.00 Uhr bis 19.24 Uhr, Magazin 4, Bregenz