argocalypse04Da haben sich die Frauen- und Herrenschaften vom Schauspielhaus Wien zum Gaudium des Publikums wieder allerhand einfallen lassen. Regisseur Simon Solberg nahm nämlich einige wenige Ingredienzen vom epischen Opus "Argonautika" von Apollonios Rhodios und machte daraus eine (für das Publikum vergnügliche) Reise zum Goldenen Vlies.

Man nehme die Basis eines literaturhistorisch wichtigen [immerhin handelt es sich um das einzige erhaltene griechische Epos zwischen dem Werk Homers und dem des Nonnos und zugleich ist es das einzige vollständig überlieferte große Werk der hellenistischen Zeit; Anm.], ansonsten eher unbekannten Textes, benutze dazu zwei Bühnen - eine reale und eine visualisierte - stelle noch drei vor Begabung strotzende Schauspielerinnen auf die (reale) Bühne, lasse diese auf eine weite Reise gehend ihr Glück suchen - und fertig ist das Argonautenepos anno 2009, die ARGOcalypse now.

argocalypse02argocalypse03Das schauspielernde Trio mit dem unglaublichen Talent zur Komik - Katja Jung, Bettina Kerl, Nicola Kirsch - füllt Fragebögen aus, fragt sich wo das Glück bleibt, was es eigentlich bedeutet Glück zu haben (Männer? Nein. Oder doch?), was man am letzten Tag machen sollte wenn man weiß, dass man am nächsten stirbt und spielt sich in einen Strudel von Wahnsinn und Vergänglichkeit, von Überheblichkeit und Leichtsinn, von Eitelkeit und Wunschvorstellungen, erlebt Ernüchterung im Dasein und jede Menge Abstürze (man sitzt schließlich in einem Flugzeug). Fremdenpolitik (was für ein grausliches Wort) und das Weltklima kommen ebenfalls vor, man merkt schon, Simon Solberg griff ins Volle, aber eigentlich nie daneben. Die Hauptbühne (deren Hauptrequisiten übrigens Möbelteilstücke eines schwedischen Möbelramschhauses sind, die hervorragend in die Handlung integriert werden) bekommt dabei einen großen Rivalen in Form einer kleinen Studiobühne. Das Modell, gebaut von Fiona Brady, visualisierte zusätzlich das Geschehen auf der Bühne und sorgte so nebenbei auch in guter alter Hörspielmanier für die notwendige Geräuschkulisse. Während die drei groß aufspielenden Schauspielerinnen also ihren Job verrichteten tat sich auch im Hintergrund einiges. Hollywood im Schauspielhaus, inklusive Regen, Granaten, Feuerinferno. Ein exzellenter Theaterabend, prima Premiere. (Text: Manfred Horak; Fotos: © Alexi Pelekanos / Schauspielhaus)

argocalypse01Kurz-Infos:
ARGOcalypse now
Bewertung: @@@@@
Die Kritik basiert auf die Premiere vom 23. Oktober 2009 im Schauspielhaus Wien
Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde 15 Minuten

Mit: Katja Jung, Bettina Kerl, Nicola Kirsch
Regie, Bühne, Kostüme: Simon Solberg
Kostüm-Mitarbeit: Dominica Danner
Dramaturgie: Brigitte Auer
Regieassistenz: Katharina Schwarz
Regiehospitanz: Henri Hüster, Samuel Machto
Bühnenhospitanz, Modellbau: Fiona Brady
Bühnenhospitanz: Maren Fusswinkel
Technische Leitung: Michael Zerz
Licht: Kathrin Kölsch
Ton: Almut Bertha
Bühnentechnik: Gudarz Moradi