faust-grete-schauspielhausEs ist ein sehr erfreuliches Theater, das Schauspielhaus unter der Führung Andreas Beck. Viele junge, freche Versuche und viel Schönes waren da schon zu sehen. Aber nicht immer, wie z.B. bei "faust hat hunger und verschluckt sich an einer grete" von Ewald Palmetshofer, gerät das Konzept - man verquicke Jungstar-Autor mit Jungstar-Regisseurin an rotierendem Bühnengerüst - deswegen auch schon zum bewegenden Theaterabend.

Das Beste gleich vorweg. Das Ensemble. Seit Anbeginn der Intendanz zeigen hier Schauspielerinnen und Schauspieler in bestechender Intensität, mit frappierender Bühnenenergie und fein abgestimmtem Zusammenspiel, wie junges Theater Freude und Tiefe zugleich vermitteln kann. Bei „faust…“ sind es wieder einmal Max Mayer, Nicola Kirsch, Steffen Höld, Katja Jung, Vincent Glander und Bettina Kerl, die sich mit enormer Spielfreude und hoher Eloquenz den zum Teil sperrigen Texten und der nur plätschernden Dramaturgie des Stücks kraftvoll entgegenstemmen.

Lauer Abend am Erdäpfelstrand

faust-grete-01faust-grete-02Und es wird ihnen nicht leicht gemacht. Der junge Mühlviertler Autor Ewald Palmetshofer, mittlerweile mehrfach preisumkränzt, kann sich nicht so recht entscheiden, ob er philosophisch belehrende Textflächen, zermürbenden Vorabendserienendlossprech oder flapsige Zeitgeistsager in den Vordergrund stellen möchte, also nimmt er von allen ein bisschen was und das ist dann doch zuviel. Zumindest werden Handlung, Geschichte und plastische, emotionale Figuren (zu altmodisch?) zugunsten von Anhäufungen verstümmelter Satzrümpfe links im Wald und an der Terrasse (Bühne: ein sich schwindlig drehendes Baugerüst an Zementsackidylle von Steffi Wuster) liegen gelassen.

Und die Regisseurin weiß dann auch nicht so recht, was tun. Einmal Pappkartonslapstick an der Rampe, einmal heftig rotierendes Gerüst, das Video vom tiefen Wald und das scheinbar unvermeidliche „Trümmer um die Erd hauen“. Immer wieder einsamer Monolog an der Rampe. Verteiltes Sprechen an der Rampe. Augenzwinkernd verhabert mit dem Publikum. Sehr episch. Sehr verfremdet. Und zur Erdung eben ein Sack Erdäpfel (in der Interpretation des Mühviertlerischen dieses Abends wohl eher Kartoffel), der dann, verstreut, Biomüll auf der Bühne produziert. Und eine arme Schauspielerin muss dann auch noch am Erdapfel herumwürgen, darf aber wieder ausspucken.

Ja, Faust ist ein Ausgangspunkt des Stücks und sicher auch ein Vermarktungsaufhänger. (Findet sich daher in guter Gesellschaft von „Hamlet“ wieder, der Eröffnungsproduktion des neuen Schauspielhauses). Faust spielt aber im Stück die Rolle des T-Shirts Heinrich. Grete auch. Also Rock Grete. Aber doch auch Textil. Es geht um das Abwesende. Deshalb der Titel. Aha.

Alles in Allem ein Abend mit guten Schauspieler/innen, der auch ab und zu recht witzig und leicht daherkommt. Aber Berührung, Menschen und Geschichten - hinter den aufgepflanzten Sprachbarrieren - drangen kaum zu mir. Das Premierenpublikum war am 2. April 2009 versammelt und klatschte lang und ausführlich. Ich blieb zurück im Lauen. Am Erdäpfelstrand. (Text: Tantris; Fotos: © Alexi Pelekanos / Schauspielhaus)

faust-grete-03Schauspielhaus Wien
faust hat hunger und verschluckt sich an einer grete
Bewertung: @@@

Autor: Ewald Palmetshofer
Regie: Felicitas Brucker
Bühnenbild: Steffi Wurster
Kostüme: Irene Ip
Mit: Max Mayer, Nicola Kirsch, Steffen Höld, Katja Jung, Vincent Glander und Bettina Kerl