pfanzelter_borchert_foto_popotnig_1Die Schauspielerin und Chanson-Sängerin Heilwig Pfanzelter und Perkussion-Koryphäe Peter Rosmanith begeben sich im musikalischen Theaterabend Nachts schlafen die Ratten doch in die Sprachgewalt von Wolfgang Borchert.

Der im jungen Alter von 26 verstorbene Borchert, veröffentlichte seine ersten Gedichte im Jahr 1938 im "Hamburger Anzeiger", war 1941 Schauspieler in Lüneburg und im selben Jahr noch an der Ost-Front eingezogen. Ein Jahr später wurde er aufgrund von "Äußerungen gegen Staat und Partei" inhaftiert, 1943, einen Tag vor seiner Entlassung, wurde er wegen politischer Witze denunziert. Es kam zu einer erneuten Verurteilung, bis er schließlich 1945 durch die Franzosen in Gefangenschaft geriet, ihm dort aber die Flucht gelang. 1946 und 1947 schrieb er etliche Prosastücke, so z.B. sein wohl bekanntestes, das auch an Schulen zur Lesepflicht wurde, nämlich Draußen vor der Tür, das er in nur acht Tagen schrieb. Die Uraufführung des Stückes erlebte er allerdings nicht mehr. Einen Tag davor starb er. Im Theater Drachengasse formte Pfanzelter diverse Texte und Briefe von Borchert zu einem Ganzen, zitierte Kapitelweise. Musikalisch grundiert wurden die Texte von den bisweilen exotischen pfanzelter_borchert_foto_popotnig_2Perkussionsinstrumenten wie z.B. das Hang, einem Wok-ähnlichen Instrument aus der Schweiz, das durch unglaublich elegante und verzaubernde Klänge für Aufmerksamkeit sorgte. Die von Pfanzelter weitestgehend unpathetisch und von daher umso wirksamer zu Gehör gebrachten Texte von Borchert und diese von Rosmanith in Szene gesetzten Klangbilder vertrugen sich inhaltlich - streng genommen - nur bedingt, da Dynamik und Rhythmik doch zu unterschiedlich. Einerseits. Andererseits war Borchert natürlich einer, der die Grammatik umstoßen wollte, und so passte dieses scheinbar unpassende Gefüge in letzter Konsequenz dann doch wieder. Borcherts kompromisslose Texte richteten sich in erster Linie gegen den Krieg, wie z.B. in Sag nein!, das sicherlich ein Höhepunkt des Abends war. "Du. Mann an der Maschine und Mann an der Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen - sondern Stahlhelme und Maschinengewehre, dann gibt es nur eins: Sag NEIN! […] Du Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine […] Mütter in der Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt Kinder gebären […], neue Soldaten für neue Schlachten, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!" Berührend und von großer Traurigkeit die Briefe, die sich hervorragend in seine dichte Lyrik und Kurzprosa einfügen lassen, geschrieben von einem, der ahnte, im Wettlauf mit dem Tode zu schreiben. Eine wichtige Aufführung in Gedenken eines Schriftstellers, den man nicht vergessen darf. (Manfred Horak; Fotos: Arno Popotnig)

Link-Tipp:
Heilwig Pfanzelter