liedermacher_vol1Beginnend in den frühen 1960er Jahren begibt sich diese auf mehrere Teile angelegte Kompilation auf die Spurensuche deutschsprachiger Lieder. Deutsche Liedtraditionen stehen dabei genauso im Mittelpunkt wie die damals aufkommende Liedermacherszene (ein Begriff, der im übrigen bis ins Jahr 1712 zurückreicht) rund um Franz Josef Degenhardt, Wolf Biermann und Hanns Eisler.

Die sehr liebevoll und aufwändig gestaltete 3-CD-Box im Digipack-Format ist nicht nur der erste Teil einer gesamtheitlich musikalischen Schatztruhe in vier Teilen (mit je drei CDs), sondern bietet auch niveauvolle Informationen zum Nachlesen, im vorliegenden Fall in Form eines 126-seitigen Buches. Nur wer die Wurzeln kennt, weiß auch von der Zukunft Bescheid, und in diesem Sinne lernt man längst vergessene Musiker kennen (und nachträglich schätzen), bzw. hört man (mitunter nach langer Zeit wieder) alte Bekannte.

degenhardt_fjschobert_blackCD 1 steht unter dem Motto „Die Wiederentdeckung der Tradition und neue deutsche Lieder“, bereits erwähnter Degenhardt (s. Foto) ist hier ebenso vertreten wie Reinhard Mey, Peter Rohland, Karl Wolfram, Walter Hedemann, Hein & Oss Kröher, Ulli & Fredrik, Kristin Bauer-Horn, sowie Schobert & Black (s. Foto). Der Start dieser Wiederentdeckung wurde am Pfingstsamstag 1964 gelegt, als Diethart Krebs das Festival „Chansons Folklore International – Junge Europäer singen“ auf der Burg Waldeck im Hunsrück eröffnete. „Wir haben uns gefragt“, so Krebs, „warum wir in unseren Breiten keinen Georges Brassens oder Yves Montand, keinen Pete Seeger und keine Joan Baez haben. Wir möchten gerne herausfinden, welche Möglichkeiten das Chanson bei uns hat oder haben könnte.“ Diese Auseinandersetzung öffnete Unmengen von Türen für die nachfolgenden Musikergenerationen, die in diesem Genre Altes aus längst versunkenen Zeiten aus dem Gedächtnisarchiv hervorholte, aber auch gänzlich neue Wege beschritt. Letzteres ist das Thema von CD 2 mit dem Untertitel „Bänkelsongs, Gebrauchspoesie und aktuelle Lieder“. Darauf zu hören: FJ Degenhardt, Dieter Süverkrüp, Walter Mossmann, Christof Stählin, Eva Vargas und Hannes Wader.

reichel_achim_1976huesch_hanns_dieter „Deutsch-Folk und neue Volkssänger“ schließlich ist das musikalische Thema von CD 3, deren Ausgangspunkt letztendlich das Songfestival Ludwigshafen 1973 bzw. das 1. Moerser Folk-Festival 1974 war. Über die Grenzen bekannte Musiker und Bands wie Ougenweide, Zupfgeigenhansel, Achim Reichel (s. Foto), Liederjan, Hannes Wader und Die City Preachers stehen außerhalb Deutschlands weniger bekannten wie Tom Kannmacher, Fiedel Michel, Elster Silberflug und Hanns Dieter Hüsch (s. Foto) gegenüber. Genial bis heute die hier vertretenen Beiträge von Achim Reichel, der mit seinem Album „Regenballade“ im Jahr 1978 viele vor den Kopf stieß ob der Vertonung deutscher Nationalheiligtümer wie z.B. Goethes „Zauberlehrling“, das in einem rasanten Mix aus Rock und Folk heute noch zu begeistern weiß. Am Ende dieses Triple-Ereignisses steht mit Hanns Dieter Hüsch übrigens ein sehr eloquenter Sänger und Erzähler, der mit dem Stück „Folklore“ ein paar hoch amüsante Blicke zurück wirft und damit gewissermaßen die Brücke für die kommenden Folgen von „Liedermacher in Deutschland“ baut.

Generell empfohlen sei ein wohl dosiertes konzentriertes Hören von „Für wen wir singen (Vol. 1)“, denn all die vielen guten Texte von insgesamt 69 Liedern sind einer speziellen Hörbegegnung wert. Wert wurde dankenswerterweise auch auf die Tonqualität gelegt, erspart wird einem historisches Rauschen, was einen zusätzlichen interessanten Effekt auslöst, in dem einige Lieder ob ihrer zeitlosen Qualität sehr gegenwärtig klingen. Hört nur mal bei Christof Stählin und Eva Vargas rein. Man will nichts missen, aber noch mehr wissen und hören. Eine Zeitreise, die ihr nicht bereuen werdet. //

Text: Manfred Horak

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Musik: @@@@@@
Klang: @@@@@

Label/Vertrieb: Bear Family Records (2007)