Nein, es ist definitiv nicht Costellos Meisterwerk, was uns Elvis II mit "My Flame Burns Blue" vorlegt, aber dafür ein verdammt gutes Live-Album.

Der Sänger und Liedschreiber streift dabei die staubige Countryrockattitüde von The Delivery Man und den klassischen Gesang von "Il Sogno" - seinen beiden Vorgängeralben - ab und präsentiert sich bei diesem Konzertmitschnitt als ungewöhnlicher Jazzsänger. The Singer and his Songs Dass er damit in gewisser Weise seine liebe Ehefrau, Diana Krall, düpiert, sollte uns eigentlich herzlich egal sein. Was weiterhin erstaunt - jene, die seine Karriere von Beginn an verfolgen, wissen es nur zu gut - ist diese schiere Unberechenbarkeit des Sängers, und, egal welche Arrangements er über seine zeitlosen Songs stülpt, eines ist er nie: peinlich. Allererste Güte gleich mal die Eröffnungsnummer "Hora Decubitus" von Charles Mingus und einem Text von Mr. Costello. Der Text ist streng genommen ein Auftragswerk, und zwar von Charles Mingus' Witwe Sue. Das gesamte Album liegt übrigens einem Auftritt beim North Sea Jazz Festival im Juli 2004 zugrunde, bei dem das Metropol Orkest, wie man nun in exzellenter Tonqualität nachhören kann, dem Herrn Costello als kongeniales Ensemble zur Seite stand. Als ein weiterer klarer Höhepunkt erweist sich die Neuinterpretation des Costello-Klassikers "Clubland" (das Original befindet sich auf dem Kultalbum "Trust" aus dem Jahr 1981; Anm.), das hier im Latino-meets-Broadway-Sound daherkommt - und nicht, wie bei seinem fulminanten Wien-Auftritt beim Jazzfest Wien 2005 mit Knüppelbeat und Undergroundflair. Einer solchen Neudefinition erfährt ein weiterer - noch älterer - Klassiker aus Costellos Oeuvre: "Watching the Detectives" (aus dem Debütalbum "My Aim Is True" aus dem Jahr 1977; Anm.), hier dargebracht als Jazzsong. Passt perfekt. Costello erweist sich als Jazzsänger ersten Ranges, wie auch in der abschließenden Jazzballade "God Give Me Strength" (aus "Painted From Memory", 1995; Anm.), einer Komposition von E.C. und Burt Bacharach. Einmal mehr wird gewahr wie großartig des Costellos Songs sind, welche Tiefen darin stecken und vor allem auch, welche enorme Flexibilität. Ein erstaunliches Album von einem erstaunlichen Künstler, für den der Spruch "The Singer not the Song" angesichts seiner unzerstörbaren Kompositionen umgewandelt werden musste in "The Singer and his Songs". (Manfred Horak)

CD-Tipp:
Elvis Costello Live with the Metropole Orkest – My Flame Burns Blue
Musik: @@@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: Deutsche Grammophon/Universal (DoCD; 2006)