peyroux_4_jfw3826c-presseDer deutsche Trompeter Till Brönner und die US-Sängerin Madeleine Peyroux beschallten beim Jazzfest Wien am 4. Juli 2011 die Wiener Staatsoper mit soliden Sets, die großen Highlights blieben aber ebenso aus wie die Gänsehaut.

Im Rückblick gesehen war die Frage zu Beginn des Abends, wer von den beiden Bands als erste(r) auftreten wird, fast spannender als die Musik, die man später zu hören bekam. Irgendwie kein gutes Zeichen, oder? In diesem Fall erklomm zuerst der deutsche Trompeter Till Brönner samt 4-köpfiger Band die Bühne, und spielte in seinem Set zumeist die Art von Mainstream-Jazz, den man sich auch gut als Hintergrundmusik in Kaufhäusern und Aufzügen vorstellen kann. Eines der wenigen Highlights war ein längeres Drum-Solo des versierten Schlagzeugers Wolfgang Haffner, daneben wusste auch Multi-Instrumentalist Magnus Lindgren an der Querflöte und am Saxophon teilweise zu gefallen. Und Brönner selbst? Ja, er spielte solide Soli, kann aber damit wenige Emotionen erzeugen. Zu seiner betont coolen Bühnen-Performance meinte meine Begleiterin treffend: "Er ist ein gutaussehender Mann und weiß das auch." Ob das alleine aber reicht, um auf einer Bühne Charisma auszustrahlen, darf bezweifelt werden. Zudem gerieten das Set des Deutschen und der ganze Abend insgesamt viel zu lang. Wer hat schon Lust an einem heißen Sommerabend über dreieinhalb Stunden in der Oper zu verbringen? (Sowohl Brönner als auch Peyroux spielten 90-minütige Sets, dazwischen gab es eine über 30-minütige Pause.)

setlist-m-peyroux-407setlist-till-broenner-0407So ruhten die Hoffnungen auf dem zweiten Teil und Madeleine Peyroux, die vor kurzem ihr neues Album "Standing On The Rooftop" veröffentlicht hat. Sie versuchte sich zwar gleich zu Beginn mit einem in Deutsch vorgetragenen "Küss die Hand" bei den Zuschauern ein wenig einzuschmeicheln, doch richtige Stimmung kam auch bei ihrem Set nicht auf. Das lag in erster Linie an der Überzahl der langsamen, melancholischen Balladen im Programm, die zu dieser fortgeschrittenen Stunde eher nur noch als Einschlafhilfe dienlich waren. Die Up-Tempo Nummern, mit denen ein wenig Leben in die ehrwürdige Staatsoper kamen, konnte man leider an einer Hand aufzählen. Dazu zählte die gelungene Cover-Version von Leonard Cohens "Dance Me To The End Of Love", sowie "La Javanaise" von Serge Gainsburg und "You're Gonna Make Me Lonesome When You Go" von Bob Dylan. Einerseits. Andererseits fehlt Peroux trotz Ausnahme-Stimme vielleicht doch ein wenig das Charisma für Live-Auftritte. Mit Fortdauer des Konzerts und anhand mancher wackeliger Zwischenansage wurde man den Eindruck nicht mehr los, dass Madeleine Peyroux mit dem Auftritt in der großen Oper generell etwas überfordert war. Ihre Begleitband agierte unauffällig im Hintergrund, wirkte aber ebenso etwas verloren, einzig Keyboarder Gery Versace setze ab und zu kleine Lichtblicke mit seinen instrumentalen Ausflügen an der Melodica, dem Akkordeon oder der Hammond-Orgel. Mit der Zeit verließen auch immer mehr Zuschauer den Saal, sei es aus Unzufriedenheit mit dem Konzert oder einfach nur aus Müdigkeit. So wunderbar ihre Studio-Alben teilweise sind, live hinterlässt einem Madeleine Peyroux zumeist mit einem zwiespältigen Gefühl. Fazit: Solide gespielt von beiden, doch Gänsehaut-Momente bzw. große Highlights waren an diesem Abend in der Oper echte Mangelware. (Text: Robert Fischer; Fotos: (c) Pressefoto Erwin Kneidinger/ Horst Kneidinger)

peyroux_jfw-staatsoper-04.0peyroux-2-jfw_04.07