Dass unter dem Begriff "Biennale" nicht primär der venezianische Prototyp der Gegenwartskunst-Schauen verstanden werden muss, wurde in Linz unter Beweis gestellt: Das Offene Kulturhaus präsentierte mit der Ausstellung "Biennale Cuvée" zum vierten Mal einen Verschnitt aus neun der international wichtigsten Kunst-Biennalen des Vorjahres.
Obwohl die Ausstellung explizit Positionen zeigt, die bisher kaum in Österreich zu sehen waren und auf große Namen weitgehend verzichtet, gelingt es ihr freilich nicht ganz, den Fokus von den derzeit angesagtesten Kunstzentren abzuwenden: So bilden Teilnehmer der 53. Biennale di Venezia und der 11. Istanbul Biennale (deren Standort bekanntermaßen zur heurigen Kulturhauptstadt ernannt wurde) ein Drittel der insgesamt 33 beteiligten Künstler/innen, welche des weiteren auf Biennalen in Lyon, Thessaloniki, Mechelen (BE), Seoul, Taipei, Sharjah (VAE) und Havanna vertreten waren. Ein Déjà-vu dürfte Besucher/innen der Venedig-Biennale 2009 somit bei Betrachtung von Chu Yuns "Constellation" beschleichen. Ein abgedunkelter Raum birgt unzähliges technisches Bürogerät, vom Computerbildschirm und Scanner bis zu Fax und Kopiermaschine, welches sich über chaotisches Blinken programmierter Fehler- oder Standby-Modi zu erkennen gibt. Satteliten-gleich scheinen die Apparaturen unverständliche Botschaften, die im üblichen Arbeitsalltag unbemerkt bleiben, in das ihnen gegebene Universum verbreiten zu wollen. Augenscheinlich ebenso anarchisch geht es beim Projekt des Marokkaners und Aussteller auf der 10. Lyon Biennale, mounir fatmi, zu: "Ghosting" beschreibt einen Zustand, in welchem das Material, dem wir unser Wissen anvertrauen, zu handeln beginnt, Kassettenbänder von Kopiermaschinen verschlungen bzw. reproduziert werden und projizierte arabische Schriftzeichen an der Wand fortwährend im Rewind- und Fast-Forward-Takt rotieren. Die Installation birgt die Reflexion darüber, wie Medienbilder konstruiert, verbreitet, archiviert werden, und schließlich ins kollektive Gedächtnis übergehen. Neben diesen medienkritischen Ansätzen beinhalten die Arbeiten auch diverse politische Statements, wie etwa das Video "A More Perfect Day" der Französin Sylvie Blocher. Hier werden Auszüge Barack Obamas Wahlkampfrede von einem jungen Sänger vorgetragen, der durch seine musikalische Interpretation die glänzende Ansprache des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten einerseits als hohle, sich wiederholende Phrasen enttarnt, andererseits wehmütig die damals nicht nur in den USA verbreitete Sehnsucht nach einem "political turn" reflektiert. Neben diesen können noch bis Ende April 2010 etliche weitere Projekte, die sich aus Sicht der Kuratoren Genoveva Rückert und Franz Prieler "auf der Höhe des gegenwärtigen Kunstdiskurses befinden", in den Ausstellungsräumen des Offenen Kulturhauses sowie im Power Tower der Energie AG (Nähe Hauptbahnhof) entdeckt werden. Fazit nach dem Rundgang: In Linz beginnt's. Auch nach '09. (Text: ne; Fotos: Otto Saxinger)
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