taoye1Zwei schlicht mit den Zahlen 4 und 2 nummerierte Tanzstücke zeigt der chinesische Choreograph Tao Ye mit seinem TAO Dance Theater bei den Wiener Festwochen 2014 im Odeon. Es begeistern Körper, deren Bewegungen nach einem gut gestimmten inneren Uhrwerk abzulaufen scheinen.

Quartett der Gesichtslosen

Vier in schwarz-graue Kostüme gekleidete Tänzer und Tänzerinnen mit schwarz bemalten Gesichtern und Tüchern auf dem Kopf bewegen sich wie ein Körper, mit acht Armen und Beinen. Vollkommen synchron ziehen sie durch den mit weißem Tanzboden ausgelegten und schwarz verhängten Raum. Ihre Bewegungsmuster vereinen höchste Dehnung, intensivste Spannung und fließendes Loslassen. Während sie im Gleichklang ihre Beine senkrecht in die Höhe werfen, schwingen sie im nächsten Augenblick ihren Rumpf weich um die eigene Achse. Im Schwarm ziehen sie ihre choreographischen Muster, repetieren, variieren und differenzieren sie minutiös. Strukturgebend sind Zäsuren, Momente der vollkommenen Stille im rund 30 Minuten dauernden Stück und die scharf fokussierenden Lichtstimmungen (Tao Ye und Ma Yue). Die Choreographie wird auch durch die höchst unterschiedlichen vier Musikstücke von Xiao He aufgegliedert: zuerst kräftige vokale Beats, dann werden mit Streichinstrumenten wieder vollkommen andere Akzente gesetzt.

Zwei Körper entlang der Horizontalen

taoye2Ein Tänzer und eine Tänzerin (Tao Ye mit seiner Partnerin Duan Ni), beide monochrom in Grau, liegen im Zentrum der weißen Bühne hingestreckt, wie nach einem Absturz, reglos. Xiao Hes Komposition ist hier experimenteller, von Rauschen und Störgeräuschen durchzogen. Auch die Bewegungen des Paares spiegeln dieses "Rauschen", ein rasches Aufflackern - danach verharren die beiden wieder in regloser Stille. Meist sind die beiden Tänzer zeitlich synchron, aber die Bewegungen sind sanft voneinander variiert, sodass Spannung durch eine Gleichzeitigkeit von Synchronizität und Asynchronizität entsteht.

Reise durch den Körper und den Raum 

"2" lotet die Horizontale des Raums verstärkt aus, meist bewegt sich das Duo nahe dem Boden, wenn sie sich erheben, dann bleiben sie tief in den Knien, als würden sie durch tiefes Wasser waten. Obwohl die beiden nur einmal den Blick direkt zueinander richten - ein Moment höchster Spannung - sind ihre Körper in ständigem, stummem Austausch und Bezug zueinander. Ihre Reise durch den Raum und ihren eigenen Körper ist vom gleichen Rhythmus zwischen Stillstand und Bewegung strukturiert. Ein ästhetisch klarer, gut strukturierter, spannender Abend, der in einem Bogen von Anfang bis zum Ende einen weiten Bewegungskosmos ausbreitet. Großer Applaus. (Text: Veronika Krenn; Fotos: Wiener Festwochen)

taoye4Kurz-Infos:
Tao Ye, TAO Dance Theater
4 + 2
Bewertung: @@@@@@
Kritik zur Aufführung am 2.6.2014
Wiener Festwochen
Odeon Theater