Mit dem ausschließlich auf Vinyl erhältlichen Album "Jazz Proclamation Vol. 1" mäandert die österreichische Sängerin Cécile Nordegg zwischen den Gefühlswelten Jazz und französischer Chanson. Die erste Proklamation des Albums lautet unmissverständlich "Déshabillez-moi" (dt. "Zieh mich aus"), dem Skandallied von der großen Juliette Gréco aus dem Jahr 1967. Ein feiner Einstieg in ein kurzweiliges Album, das auf Plattenseite 1 mit weiteren Klassikern aufwartet, nämlich mit dem schönen leichtfedernd swingenden "Formidable" von Charles Aznavour und "Ne me quitte pas" von Jaques Brel. Hat das Ausziehlied noch eine recht kräftige Rocknote, so arrangierte Walter Bass (piano) die anderen Gefühlswelten zunehmend jazziger. Sehr gelungen z.B. das von Cécile Nordegg und Andreas Pirringer (sax, cl, fl) komponierte "Cliché", das, wie der Titel preisgibt, mit französischen Jazz-Pop-Chanson Klischees spielt. Und das nicht zu knapp, aber in großer Manier. Bei dieser Band eigentlich kein Wunder, denn neben den bereits erwähnten Walter Bass und Andreas Pirringer sind Lenny Dickson (dr), Richard Barnert (kb) und Andreas Wingert (b) zu hören, sowie als Gastgitarristen Rick Musallam, Jay Roberts und Jp Chiche. Feine Besetzug, die es versteht, luftige Momente hervorragend einzufangen, aber ebenso die Tragik im Brel Klassiker in ein gekonntes Klangbild zu formen. Und die Gesangsstimme von Cécile Nordegg, die u.a. als Linda Putz weltbekannt in Österreich ist? Zugegeben, etwas gewöhnungsbedürftig, was allerdings für die Sängerin spricht, denn je öfter man das Album hört, desto mehr mag man ihre Nuancierungen und Gesangsempfindungen. Die Plattenseite 2 fällt da keineswegs ab, mit dem rockig arrangierten Einstiegslied "La foule" bringt uns Nordegg und ihre Band einen Klassiker von Edith Piaf wieder näher. Mit "Nantes" von Barbara folgt ein Chanson aus dem Jahr 1964, bei dem Richard Barnert den feinen Bogen am Kontrabass streicht. Und überhaupt: Auf guter HiFi-Anlage bietet das Album jede Menge Klangcharakter, was z.B. das Klarinettenspiel von Andreas Pirringer in der Eigenkomposition "Issue" beweist. Mit "Johnny, tu n'es pas un ange" singt Nordegg noch einmal die Piaf, begleitet vom wunderbaren Gitarrenspiel Jay Roberts’ und mit "La flamme", einem wilden Ritt aus eigener Feder, endet das Album. Ein Lied muss allerdings noch erwähnt werden. Den Höhepunkt bildet nämlich zweifellos die französischsprachige Version von Frank Zappas Klassiker "Bobby Brown". Sehr kurios, aber alleine deshalb den Kauf des Albums wert. Nachdem das Album Jazz Proclamation Vol. 1 heißt, darf man eine zweite Ausgabe erwarten. Hoffen wir, dass dies bald der Fall sein wird. //

Text: Manfred Horak
Fotos: Jonathan Berkh

Cécile Nordegg: Jazz Proclamation Vol. 1
Musik: @@@@@
Klang: @@@@@
Label / Vertrieb: Rossori Music (Vinyl, 2017)