meena-operDie (subjektiv) spannende Frage im Vorfeld des Doppelkonzerts von Meena Cryle and The Chris Fillmore Band und Cyndi Lauper am 3.7.2016 beim Jazzfest Wien in der Staatsoper war die Sache mit der Augenhöhe, schließlich kann Frau Lauper Verkaufseinheiten im zweistelligen Millionenbereich vorweisen, von der Meena und ihre Musikerfreunde nur träumen können.

 Einerseits. Andererseits ist Meena - auch im internationalen Vergleich - live eine Wucht, Lauper hingegen (für mich) bis dahin live ein Fragezeichen. Interessant war, dass beide Bands mit Gitarre, E-Bass, Drums, Pedal Steel und eine zweite Sängerin ihre Performance ablieferten. Einziger Unterschied: Während Roland Guggenbichler am Piano spielte, kam bei Lauper anstelle dessen ein Keyboard zum Einsatz. Neben dem Instrumentarium gab es eine weitere Gemeinsamkeit, für beide nämlich Standing Ovations. Ist nicht selbstverständlich für eine österreichische Band, die beim Jazzfest Wien in der Staatsoper auftreten darf, so beobachtet am Vorabend bei Marina and the Kats und Pink Martini.

meena-fillmore-bandmeena-fillmore_rygalykOb kleine Bühne, ob große Bühne, Meena Cryle and The Chris Fillmore Band live zu hören ist überall ein Vergnügen. Mit natürlicher Intensität wird auf die jeweilige Bühnensituation eingegangen und dementsprechend reagiert. Diese Demut vor dem Auftrittsort und dem Publikum ist beispielhaft und zeugt gleichzeitig die Größe der Band. Ich wiederhole mich gerne und schreibe es solange, bis es auch die letzten kapiert haben: Meena Cryle and The Chris Fillmore Band ist die beste Live-Band aus Österreich. Meenas Stimmgewalt und die hohe Spielkunst der Band erzeugen tiefe Emotionen und gleichzeitig ist es so, dass man bei jedem Konzert das Gefühl hat, dass Meena (Gesang), Chris Fillmore (Gitarre), Marlene Lacherstorfer (Bass), Roland Guggenbichler (Piano), Carl Kaye (Pedal Steel), Bernhard Egger (Drums), Gitti Guggenbichler (Gesang) nochmals einen Gang zulegen konnten. Ob das tatsächlich so ist, kann bei den kommenden Konzerten eruiert werden, z.B. am am 17.7.2016 beim Blues Festival in Peer (Belgien) mit u.a. Buddy Guy, Taj Mahal, Brian Setzer, Walter Trout. Beim Jazzfest Wien in der Oper gaben sie eine Mischung aus fünf eigenen Songs und sieben Coverversionen. Herausragend z.B. "A Change Is Gonna Come" von Sam Cooke, eine sehr lässige Version von Springsteens "I'm on Fire" (Ha! Ich habe in der Oper gesungen!) und fast schon unüberbietbar deren "Early One Morning" von Elmore James. Die eigenen Songs standen allerdings bei weitem nicht hintennach, insbesondere das bis dato noch unveröffentlichte "I've packed my suitcase" (das möglicherweise auf dem ersten Live-Album zu hören sein wird; VÖ: Spätsommer 2016) und "Lord have mercy" aus dem Album Feel Me (2012) sind Songgiganten aus der Feder von Meena Cryle und Chris Fillmore. Die Gans und die Haut geben sich bei Darbietungen wie diese ein Stelldichein, jede Konzertsekunde eine wahre Freude.

meena-fillmore-band-lauperUnd Cyndi Lauper? In den guten Momenten erinnerte sie an Stevie Nicks (Fleetwood Mac), zumeist jedoch an der enervierenden Überdrehtheit der MTV-Generation (1980er Jahre). In Erinnerung bleiben wird die mittlerweile 60+ als eine Frau auf einem Steckenpferd, während sie in bester Stadl-Manier "I Want to Be a Cowboy's Sweetheart" von Patsy Montana aus dem Jahr 1935 jodelte und sang. Bitte, warum nicht, "Die Ritter der Kokosnuß" (Monty Python and the Holy Grail) war ja auch lustig. Generell erzeugte die Lauper Band einen ungleich bombastischeren Sound, der vieles zudeckte. Pop halt mit einigen wenigen Ausreißern ins Country-Genre. Ihr Zugang zum Country-Fach steht allerdings diametral zu Johnny Cash selig, sie fördert vielmehr auch im Country ihr "Girls just want to have fun" Image, was, nun ja, schade ist. Umso mehr, weil Cyndi Lauper in ihren stillen Momenten ("Time after Time"; "True Colours") und sich selbst am Hackbrett begleitend eine Wahrhaftigkeit preisgibt, bei der sie intensitätsmäßig zumindest annähernd mit Meena Cryle and The Chris Fillmore Band mithalten kann. (Text: Manfred Horak; Fotos: Band Archiv, Rainer Rygalyk)